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Neue Westfälische 13 - Löhne und Gohfeld , 18.11.2013 :

Mit vereinten Kräften gegen Rechts / 150 Bürger protestieren gegen Justiz-Opfer-Hilfe / Bündnis für Vielfalt hatte zu Demonstration aufgerufen

Von Christina Nahrwold

Löhne. Mit bunten Bannern und Fahnen, Sprechchören und Gesang marschierten am Samstag etwa 150 Demonstranten von der Werretalhalle zur "Botschaft Germanitien" - und äußerten damit ihren Unmut gegen die in Löhne ansässige Justiz-Opfer-Hilfe (JOH). Die mache sich mit rechtsradikalen und antisemitischen Parolen breit, sagte Volker Hegemann vom Bündnis für Vielfalt. "Wir wollen zeigen, dass wir so einen Schandfleck in Löhne nicht haben wollen", machte ein Bündnismitglied vor der Werretalhalle deutlich. Mit der Initiative machten sich viele Jugendliche, auch einige Erwachsene auf, um friedlich für Toleranz, Weltoffenheit und Demokratie zu werben.

Ein klares Signal gegen Rechts aussenden - das wollte auch die 15-jährige Tamara Di-Turo. Sie marschierte zusammen mit Mitschülern der Bertolt-Brecht-Gesamtschule ganz vorne mit. In zweiter Reihe hielt sie das Banner des Bündnisses hoch, auf dem "Miteinander gegen Rechts" zu lesen war - darunter viele bunte Hände mit Unterschriften. Auf die Frage, was sie mit der Demonstration erreichen will, antwortete die Schülerin: "Ich will, wie eigentlich alle anderen hier, dass die Botschaft verschwindet. Viele schätzen die als harmlos ein. Wir wollen zeigen, dass es die Botschaft wirklich gibt und dass man die nicht einfach hinnehmen kann."

Auch einige "Falken" waren unter den Demonstranten vertreten, um für "bunte Vielfalt statt Intoleranz" einzutreten.

Laut Bündnissprecher Jürgen Birtsch nutze die JOH die "Botschaft Germanitien" nach wie vor als Kommunikationszentrum. "Außerdem kooperiert die JOH mit den Reichsbürgern", erklärte Birtsch weiter. Weil die Gruppierung eindeutig fremdenfeindliche Grundhaltungen erkennen lasse, fordert das Bündnis weiterhin die Schließung des Büros an der Lübbecker Straße.

"Oft höre ich, das seien nur Spinner, um die man sich nicht weiter kümmern müsse. Ja, sage ich dann, das sind Spinner. Aber ihre Propaganda ist politisch gefährlich", erläuterte Gerd Alt, Mitglied im Bielefelder Verein "Argumente und Kultur gegen Rechts", in seiner Rede auf dem Vorplatz der Werretalhalle. Sozialpfarrer Holger Kasfeld rief zum Gedenken an die Novemberpogrome auf. "Dieses Gedenken steht für mich an erster Stelle. Alles Nachhalten ist ein Vordenken für eine bessere Welt", so Kasfeld.

Nach diesen leisen, nachdenklichen Minuten stimmten die Demonstranten auf dem Weg zur Botschaft Germanitien lautere Töne an: Lauthals riefen sie Parolen wie "Keine Plätze bieten den Löhner Germaniten". Immer wieder ertönte das Lied "All you fascists bound to lose" ("All ihr Faschisten werdet verlieren"), eine Melodie des Amerikaners Woody Guthrie, der während des Zweiten Weltkrieges zahlreiche antifaschistische Lieder textete. Minutenlang war die markante Melodie vor der "Botschaft Germanitiens" zu hören, doch von den Mitgliedern der JOH keine Spur. "Wie lange sollen wir noch bleiben?", wollte einer der Jugendlichen wissen. Unter dem Begleitschutz der Polizei drehte die Gruppe schließlich eine Runde um das Gebäude und trat dann den Rückweg Richtung Werretalhalle an.

"Löhne wachrütteln", das sei das Ziel, so Volker Hegemann. Neben der Demonstration am Samstag hatte die Initiative bereits mit Gedenkveranstaltungen, einer Lesung und komödiantischen Inszenierungen gegen Rechtsextremismus in Löhne mobil gemacht. Inzwischen stehen etwa 50 Mitglieder hinter dem Bündnis. "Wir wünschen uns aber noch mehr Unterstützung und hoffen, dass solche Aktionen auch kirchliche Gemeinden und Vereine ansprechen", so der Bündnissprecher. Um es mit den Worten des Journalisten Olaf Sundermeyer auszudrücken: "Wir brauchen eine funktionierende Zivilgesellschaft."

Mehr Fotos und ein Video auf: www.nw-news.de/loehne

Bildunterschrift: Marsch durch die Innenstadt: Mit Polizeischutz zogen die rund 150 Demonstranten von der Werretalhalle über die Kronprinzenbrücke (Foto) bis zur so genannten "Botschaft von Germanitien", dem Sitz der "Justiz-Opfer-Hilfe" an der Lübbecker Straße.

Bildunterschrift: Kundgebung mit Musik: Die Demonstranten stimmen vor der "Botschaft" das Folk-Lied "All you fascists bound to lose" an.


loehne@neue-westfaelische.de

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