Lippische Landes-Zeitung ,
13.11.2004 :
"Es gibt überall rechte Ecken" / Ausstellung "RechtsRock" in der Bezirksregierung eröffnet
Detmold. "Es gibt überall rechte Ecken, wo keiner hinsieht", bedauerte Dr. Anne-Christine Rhode-Jüchtern bei der Eröffnung der Ausstellung "RechtsRock" im Foyer der Bezirksregierung Detmold. Die Lehrerin im Oberstufen-Kolleg der Uni Bielefeld, unter deren Leitung die erst vor wenigen Tagen von der Heinrich-Böll-Stiftung ausgezeichnete Ausstellung entstanden ist, ermunterte auch Schülerinnen und Schüler ausdrücklich dazu, nicht wegzuschauen, sondern sich gegen alle Formen von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu wehren.
Wie ihre Kollegiaten, die gegen einen Treff der rechten Szene vorgehen wollten, so könnten sich auch andere Gruppen gegen rechte Musik, rechten Lifestyle und viele andere Formen von Rassismus im Alltag zur Wehr setzen: Durch Thematisieren im Unterricht, durch die Konzeption von Ausstellungen oder ähnlichen Aktionen.
Regierungspräsident Andreas Wiebe begrüßte zur Ausstellungseröffnung auch zwei Klassen der benachbarten Realschule I sowie Schülerinnen und Schüler des Grabbe-Gymnasiums und des Leopoldinums sowie der Geschwister-Scholl-Gesamtschule. Er wies darauf hin, dass "die radikalen Drahtzieher immer mehr auf die Mitte der Gesellschaft" zielten. Das habe sich zuletzt bei verschiedenen Landtagswahlen in den neuen Ländern gezeigt. Es werde geschickt versucht, junge Menschen als Verbündete im Kampf gegen Menschen aus anderen Nationen und zur Unterwanderung der Demokratie zu gewinnen.
Wiebe erinnerte daran, dass erst vor kurzen eine bundesweit geplante Verteilaktion von 50.000 Musik-CD`s mit rechtsradikalen Texten auf Schulhöfen von Staatsanwaltschaft und Polizei verhindert werden konnte. Jetzt seien die Lieder mit einem plumpen Versuch, das Verbot zu erklären ("Ihr seid zu dumm und zu jung dafür ... denken zumindest die Staatsanwälte der BRD" ... ) ins Internet gestellt worden. Der Regierungspräsident zeigte sich zuversichtlich, dass es auch Mittel und Wege gibt, dagegen vorzugehen.
Sven Poppert, einer der jungen Ausstellungsmacher, schilderte seine Motivation, an dem Projekt teilzunehmen: "Über die Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 gibt es viele Informationen. Über das, was heute passiert, gibt es leider nur wenig Material." Sven Poppert und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter zeigen deswegen eine aktuelle "Landkarte": "Juni 2000: In Mecklenburg-Vorpommern erschlagen vier Nazis einen Obdachlosen; Mai 2001: In Brandenburg wird ein junger Punk von einem Nazi vor ein Taxi gestoßen und überfahren; September 2001: In Saarlouis stirbt ein Ghanaer bei einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim ... "
"Erinnern ist die qualvollste Art des Vergessens"
Erich Fried
Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung von einem Blues-Trio des Oberstufen-Kollegs, mit einem vertonten Gedicht von Erich Fried: "Erinnern ist vielleicht die qualvollste Art zu vergessen..." Wiebe ermunterte auch andere Klassen ab der zehnten Jahrgangsstufe dazu, nach Detmold zu kommen, und sich die Ausstellung anzusehen. Die Ausstellungsmacher vom Oberstufen-Kolleg bieten dazu fachkundige Führungen an. Die Schulen haben im Vorfeld bereits entsprechende Infoschreiben der Bezirksregierung erhalten.
Die Ausstellung "RechtsRock" wird während der Öffnungszeiten der Bezirksregierung von 7.30 bis 18 Uhr bis zum 26. November gezeigt. Schulen können sich bei der Bezirksregierung unter (0 52 31) 71-4210 bzw. e-mail petra.mrugalla@brdt.nrw.de anmelden.
13./14.11.2004
detmold@lz-online.de
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