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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 13.11.2004 :

Die Zukunft bleibt ungewiss / Franziskanerpater Werner Mertens wirbt für Zeichen der Hoffnung in Palästina

Kreis Soest. Der Tod von Präsident Jassir Arafat könnte der Ausgangspunkt eines Neuanfangs in den Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern darstellen - sagen Optimisten. Gibt es wirklich berechtigte Hoffnung auf friedlichere Zeiten im Nahen Osten? Der Patriot sprach mit Pater Werner Mertens (Werl), dem Beauftragten der Norddeutschen Franziskanerprovinz für das Heilige Land und Sprecher aller deutschsprachigen Kommissariate.

Der Patriot: Nach der gestrigen Beerdigung von Jassir Arafat in seinem Amtssitz in Ramallah wird die Hoffnung auf eine friedvollere Nachbarschaft zwischen Israelis und Palästinensern artikuliert. Ist die Annahme berechtigt ?
Pater Werner Mertens: Eine politische Prognose ist äußert schwierig. Ich will mich an solchen Vorhersagen auch nicht beteiligen. Generell kann man aber festhalten, dass die Lage nach wie vor äußerst problematisch ist. Die Zukunft bleibt ungewiss.

Patriot: Sie sind gerade noch im Nahen Osten gewesen. Wo liegen Ihrer Meinung nach denn die größten Schwierigkeiten ?
Mertens: Eines der Hauptärgernisse für die Seite der Palästinenser stellt die Mauer dar, die die Israelis gerade mit der Begründung errichten, sie könne Terroristen aus ihrem Land fernhalten. Östlich des Ölberges in Jerusalem ist sie in Teilen bis zu acht Meter hoch. Ich bin schon sehr verwundert, dass kaum ein Medium das offenbar für berichtenswert erachtet.

Patriot: Ist das Sicherheitsargument nicht stichhaltig ?
Mertens: Die beste Sicherheit sind zufriedene Nachbarn. Durch den Bau einer Mauer wird ein solcher Zustand natürlich nicht befördert. Schon gar nicht, wenn dadurch gleichzeitig massiv Rechte der Palästinenser verletzt werden, weil die Mauer auf deren Territorium errichtet wird und sie von eigenen Gebieten abschneidet. Wo die Mauer verlaufen soll, wird alles andere ganz einfach von Bulldozern niedergewalzt. Dass das die Leute zur Weißglut bringt, dafür hat jeder Verständnis, der es vor Ort gesehen hat.

Patriot: Sie verurteilen diese Politik seitens der Israelis?
Mertens: Ich verurteile grundsätzlich jegliche Gewalt, und zwar auf Seiten der Palästinenser wie auf der israelischen. Wo etwas schlecht ist, sollte es auch so benannt werden. So sehe ich auch Akte des Terrorismus auf beiden Seiten, der Mauerbau gehört für mich dazu.

Patriot: Zeichen der Hoffnung gibt es aber auch?
Mertens: Gott sei Dank. Nicht zuletzt auch die Projekte unseres Ordens im Heiligen Land machen den Menschen Mut. Trotz der immer wieder verhängten Ausgangsverbote konnten am 4. Oktober, dem Fest des Heiligen Franziskus, 36 Wohnungen für bedürftige christliche Familien fertiggestellt werden. Bei der Eröffnung einer Vorschule für ein christliches Gymnasium in Bethlehem waren am 24. Oktober 1.500 Gottesdienstbesucher zugegen. Die Kinder haben Luftballons in den Himmel aufsteigen lassen mit der Aufschrift "Eine neue Hoffnung für Bethlehem". Um noch einmal auf die Mauer zu sprechen zu kommen. Sozialwohnungen, die die orthodoxe Kirche ganz legal und rechtlich einwandfrei errichtet hatte, müssen jetzt wegen des Mauerverlaufs wieder abgerissen werden ...

Patriot: Sie wünschen sich noch mehr Unterstützung ihrer Projekte?
Mertens: Natürlich. Jeder Spender kann dazu beitragen, die Zeichen der Hoffnung im Heiligen Land zu mehren.

13./14.11.2004
Redaktion@DerPatriot.de

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