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Lippische Wochenschau , 11.11.2004 :

Vater nach 60 Jahren umgebettet / Lemgoer findet seine innere Ruhe

Lemgo (-HFP-). Der 26. Juni 1944 ist ihm noch genauso gegenwärtig, als wäre es gestern gewesen. An diesem Tag ist Gustav Höfing an der russischen Front gefallen. Die Nachricht vom Tode seines Vaters hat den heute 68-jährigen Horst Höfing tief getroffen - seit diesem Tag hat er keine Ruhe mehr gefunden. Für ihn stand fest: "Irgendwann einmal werde ich meinen Vater finden und ihm die letzte Ehre erweisen." Nach dem Untergang der Sowjetunion hat er dann alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Grab seines geliebten Vaters zu finden. Nach mehreren Reisen nach Russland und akribischer Suche ist es ihm nun mit Unterstützung des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge gelungen, die Gebeine seines Vaters zu bergen und sie auf einem neuen Sammelfriedhof zur endgültige Ruhe zu betten. "Ich habe damit jetzt auch meine innere Ruhe wiedergefunden", erzählt Horst Höfing mit bewegter Stimme. Man merkt es ihm an, welch tiefe Trauer über die Schreckensnachricht aus Russland ihn noch heute festhält, aber auch welche Dankbarkeit und Freude er nun verspürt, das seine unablässige Unrast, seine Bemühungen zum Erfolg geführt haben.

"Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als mein Vater zum letzten Male auf Heimaturlaub war. Als er dann nach Russland musste, habe ich ihn, damals war ich gerade acht Jahre alt, zum Lemgoer Bahnhof gebracht habe. Und ich war ja so stolz auf ihn." Es fällt Horst Höfing nicht leicht, die ganzen Geschehnisse noch einmal vor dem inneren Auge Revue passieren zu lassen. Sein Vater, ein gelernter Klavierbauer aus Brake, habe sich 1938 als Freiwilliger zur Wehrmacht gemeldet und sich zum Sanitäter ausbilden lassen. Im Wehrpass ist ausgewiesen, dass Gustav Höfing den Westfeldzug mitgemacht hat und vom 18. Juni 1942 bis 31. Oktober 1943 der "Besatzungstruppe in Frankreich" angehörte.

Als Horst seinen Vater zum Bahnhof brachte, hat er nicht damit gerechnet, dass er seinen Vater niemals lebend wieder sehen würde. Als Gustav am 26. Juni 1944 seinen Dienst als Sanitäter im Lazarett in Dulowka, nordöstlich von Ostrov gelegen, versieht, eröffnen die Russen das Artilleriefeuer - das Feldlazarett wird voll getroffen. Zusammen mit 25 weiteren gefallenen deutschen Soldaten wird Höfing noch am gleichen Tag auf dem Divisionsfriedhof in Markarovo beigesetzt.

All dies weiß Horst Höfing aus dem Kondolenzschreiben, dass der Divisionskommandeur der Familie zukommen lassen musste. 1991 macht sich Höfing zum ersten Mal auf die Suche nach dem Friedhof. Diese Reise bleibt genauso erfolglos wie eine zweite im Jahre 1996. Im Frühjahr 2003 startet er den dritten Versuch. Er will dabei sein, wenn in Sologobofka nahe St. Petersburg, eine mit Spenden der Kriegsgräberfürsorge renovierte Kapelle auf dem dortigen Soldatenfriedhof eingeweiht wird. In Gesprächen erfährt Höfing dann, dass man den Friedhof Markarovo, an der südöstlichen Grenze von Estland zu Russland gelegen, gefunden habe und die Toten noch im gleichen Jahr exhumiert würden. "Sie sollten dann auf einen vom Volksbund initiierten neuen Sammelfriedhof in Sebesch, 580 Kilometer südlich von Petersburg, umgebettet werden", erzählt Höfing.

Und bei diesem Umbetten hat der Lemgoer Anfang Oktober dieses Jahres tatkräftig geholfen. "Ich bin fest davon überzeugt, meinen Vater die letzte Ehre erwiesen zu haben", ist sich Sohn Horst sicher.

Auf dem Sammelfriedhof Sebesch werden 40.000 deutsche Soldaten ihre letzte Ruhe finden. "Wenn in zwei Jahren diese Friedhofsanlage fertiggestellt sein wird, dann bin ich bei der Eröffnung auf jeden Fall dabei", versichert Höfing. Bei diesen Worten blitzt so etwas wie ein kleiner Funke von Stolz in seinen Augen auf. Horst Höfng hat eben, wie er sagt, seine innere Ruhe gefunden.


lokalredaktion@lippische-wochenschau.de

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