www.hiergeblieben.de

Neue Westfälische 13 - Löhne und Gohfeld , 20.09.2013 :

Einer hat die Faxen dicke / Justiz-Opfer-Hilfe belästigt Löhner Unternehmer durch meterlange Schreiben / Angst vor Repressalien

Von Ulf Hanke

Löhne. Die "unzensierte Wahrheit" über Angela Merkel und "die BRD-Lüge" erreichte das Licht der Öffentlichkeit am Dienstag um 11.26 Uhr. Minutenlang surrte das Faxgerät und spuckte Seite für Seite Propaganda der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe (JOH) aus. Dummerweise war die vermeintliche Wahrheit mindestens einen Monat alt und interessierte den Empfänger nicht die Bohne. Im Gegenteil. Der Unternehmer, dessen Fax-Eingang durch den dubiosen Inhalt verstopft wurde, erwägt rechtliche Schritte gegen den Absender.

Der Unternehmer ist empört und nennt die Schreiben "braunes Gedankengut". Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. "Ich habe Verantwortung für meine Mitarbeiter", sagt der Unternehmer. Er hat Angst vor Repressalien durch die JOH.

Täglich erreichen ihn wichtige Geschäftsunterlagen per Fax. "Ich komme aus einer Zeit, wo das die Kommunikation revolutioniert hat", sagte der 71-Jährige. Selbstverständlich hat seine Firma eine Internetseite und einen E-Mail-Eingang. Doch der Chef kommuniziert über Telefon und Fax. Und das ging am Dienstagmittag nicht, weil der Firmenanschluss durch die Pamphlete der JOH blockiert war.

Das Schreiben richtet sich an einen nicht näher erläuterten "JOH-Leserkreis" und datiert vom 20. August 2013, ist also schon einen Monat alt. Warum es ausgerechnet den Löhner Unternehmer per Fax erreichte, ist diesem ein Rätsel.

Zwar habe seine Firma früher Maschinen bei dem JOH-Vorstand Ralf Wachsmuth ausgeliehen, berichtet der Unternehmer. Doch er glaubt nicht, dadurch zum Leserkreis zu gehören. Über den Inhalt schüttelt er den Kopf. "Das ist doch vollkommener Blödsinn", sagte er.

Solche Faxe sind den Behörden bekannt. Nach Recherchen der NW bekommen die unterschiedlichsten Ämter solche Kettenbriefe nicht nur auf dem digitalen Weg, wo sie leicht zu löschen sind, sondern über Fax-Nummern. Diese dichtbedruckten Briefe erscheinen den Absendern als besonders raffiniertes Mittel, die Staatsgewalt der Bundesrepublik mit sinnloser Lektüre zu beschäftigen und damit zu untergraben.

Doch damit stoßen sie bei dem Löhner Unternehmer auf Granit. Er kündigte rechtliche Schritte an: "Wenn schon die Behörden damit nicht klarkommen - was soll dann der einzelne Bürger machen?"

"Unser Foto hängt bei der JOH"

Seine Angst vor Repressalien durch die JOH in diesem besonderen Fall halten die Experten vom Staatsschutz der Bielefelder Polizei für unbegründet. "Grundsätzlich geht von der JOH kein Gewaltpotenzial aus", sagte der zuständige Beamte, "was nicht heißt, dass gegen einzelne Mitglieder deswegen ermittelt würde".

Die JOH und ihre Masche mit der Staatsgründung "Germanitiens" ist kein spezielles Löhner Problem. Bundesweit schießen Ableger der so genannten Reichsbürgerbewegung wie Pilze aus dem Boden. Sie eint die Ablehnung der Bundesrepublik und das rechtsextreme Gedankengut.

Volker Hegemann, einer der Sprecher des Löhner "Bündnis für Vielfalt", kann die Angst des Unternehmers nachvollziehen. "Ich habe persönlich keine Angst", sagt er. Der Lehrer hat sich dazu entschieden, Gesicht zu zeigen. Er ist einer der Organisatoren der Demonstration gegen die JOH, bei der Mitglieder aller Ratsfraktionen und mehrere Hundert Bürger auf die Straße gingen.

Außer nicht namentlichen Beschimpfungen im Internet habe er keine Repressalien erfahren. "Unser Foto hängt jetzt bei der JOH im Schaufenster", sagt Hegemann. "Wir haben Hausverbot."

Damit kann er leben. Dem Löhner Unternehmer rät er aber, die Faxe nicht wegzuwerfen. Womöglich ergebe sich eine Anzeige wegen Volksverhetzung oder eine Unterlassungsklage.

Das Bündnis für Vielfalt trifft sich wieder am Montag, 30. September, im Jugendzentrum Riff um 19 Uhr und ist über E-Mail loehnegegenrechts@t-online.de zu erreichen.


loehne@neue-westfaelische.de

zurück