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Bünder Tageblatt / Neue Westfälische , 10.11.2004 :

Gegen das Vergessen / Bünder Schüler gedenken am jüdischen Mahnmal Opfern der Naziherrschaft

Von Dieter Schnase

Bünde. Ein Viertel der vielen Opfer des Holocausts waren Kinder. Daran erinnerten Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums am Markt mit der Netzwerk-Gruppe und der Realschule Bünde-Nord bei der in diesem Jahr von ihnen organisierten Gedenkstunde am jüdischen Mahnmal. Hunderte Schüler der 9. und 10. Jahrgänge aus allen weiterführenden Schulen und zahlreiche Lehrer kamen gestern bei winterlichen Temperaturen an dem schlichten Stein mit den Namen der ermordeten Bünder Juden zusammen, um so zu demonstrieren, dass die Schrecken der Pogromnacht vom 9. November 1938 und der Naziherrschaft nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

"Wir tragen heute Verantwortung nicht für die Greueltaten selbst, sondern für die Versöhnung mit den Leidtragenden und das Schließen der Wunden", sagte Bürgermeisterin Anett Kleine-Döpke in ihrer Gedenkansprache. Sie erinnerte an den 9. Novbember 1938 in Bünde, der zunächst nichts Auffallendes gehabt habe. Doch dann gab der Landrat des Kreises Herford die Weisung, die Synagoge zu zerstören. Das Kaufhaus Spanier am Goetheplatz ging an dem Tag in Flammen auf.

Verbrechen fanden auch hier statt, so die Bürgermeisterin – begangen auch von Bünder Bürgern. "Der zeitliche Abstand darf nicht zum Vergessen verleiten". Das große Engagement der Schülerinnen und Schüler gebe Mut und trage dazu bei, eine Mauer gegen Schrecken und Terror aufzubauen. Die Demonstration von Trauer un d Betroffenheit sei ein unverzichtbarer Baustein dieser Mauer.

Dass sich âlle weiterführenden Schulen an der Gedenkstunde beteiligten, fand Anett Kleine-Döpke-Güse besonders erwähnenswert. Ein so breites Engagement lasse hoffen, dass künftig "die Saat von Intoleranz und Gewalt nicht aufgeht."

Zu Beginn der Gedenkfeier trugen Schülerinnen und Schüler – umrahmt von musikalischen Einlagen – Texte vor, aus denen sich erahnen ließ, was die unmittelbar Betroffenen – hier besonders die jungen Menschen – in diesen schweren und für sie aussichtslosen Zeiten bewegte. Betroffenheit war spürbar – auch mehr als sechs Jahrzehnte nach den schrecklichen Ereignissen und besonders dann, wenn es um die Ereignisse in der eigenen Stadt ging.

Drei jüdische Kinder aus Bünde zählen zu den Opfern des Holocaust, ihre Namen sind im Gedenkstein eingemeißelt: Berta und Gertrud Bloch, die im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurden, und Manfred Spanier, dessen junges Leben – er wurde gerade mal acht Jahre alt – im KZ Stutthof (nahe Danzig) endete. Zu ihrem Gedenken, aber auch dem aller anderen von den Nazis Ermordeten, legte jeder Schüler gestern eine Rose am Mahnmal nieder.


lok-red.buende@neue-westfaelische.de

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