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Vlothoer Anzeiger Online , 20.08.2013 :

Vlothoer soll zum Völkermord aufgerufen haben / Wohnung in der Stadtmitte durchsucht / Staatsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln

20.08.2013 - 16.45 Uhr

Vlotho (ela). Wegen des öffentlichen Aufrufs zum Völkermord hat der Staatsschutz die Wohnung eines 56-jährigen Vlothoers durchsucht. Jürgen J. bezeichnet sich selbst nicht nur als "Vorsitzender der Germanitenpartei", sondern auch als "Minister der Bildung und Forschung im Staat Germanitiens". Dieser "Titel" steht in seinem Briefkopf, als Adresse gibt er seinen Wohnsitz mitten in der Stadt Vlotho an.

Er soll, so lautet der Vorwurf, E-Mails an die Botschaften zahlreicher Staaten geschickt haben und darin aufgerufen haben, Juden zu töten. 2009 hatten ultrarechtsgerichtete Bürger den "Volksstamm der Germaniten" ins Leben gerufen. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt gegen den Vlothoer wegen Volksverhetzung, die Durchsuchung seiner Wohnung fand am 6. August statt. Unter anderem wurden Unterlagen und ein Computer beschlagnahmt.

Rudolf Frühling vom Staatsschutz Bielefeld bestätigte, dass der Beschuldigte aus dem Umfeld der "Justiz-Opfer-Hilfe" (JOH) in Löhne bekannt sei. Jürgen J. war Mitglied des JOH-Vorstandes. Die JOH-Mitglieder und "Germaniten" erkennen weder das Grundgesetz noch die Bundesrepublik als Staat an, für sie besteht das "Deutsche Reich" in den Grenzen von 1937 fort. Einzelne Vorstandsmitglieder waren bereits in der Vergangenheit mehrfach wegen ihrer extrem rechten Gesinnung aufgefallen.

Auf seiner Facebook-Seite distanziert sich Jürgen J. allerdings von der JOH. Auch deren Mitglieder wollen mit seiner rassistischen Äußerungen jetzt nichts zu tun haben und haben einen offenen Brief ins Internet gestellt. "Es gab wohl interne Querelen, und er hat sein eigenes Ding gemacht", sagte Frühling. Die Aktivitäten der JOH und der Germaniten nehmen inzwischen zwei Mitarbeiter im Staatsschutz komplett in Beschlag.

In der Szene bekannt

Laut Impressum seiner rechten Partei soll der Beschuldigte seit drei Jahren in Vlotho leben und gebürtig aus Kirchseelten bei Bremen stammen. Der technische Zeichner mit abgebrochenem Maschinenbau-Studium ist derzeit arbeitslos.

Kenner der rechten Szene beobachten den 56-Jährigen schon länger und beschreiben sein Verhalten als verbal sehr aggressiv. Die Webseite der "Germanitenpartei" müsse sofort abgeschaltet werden, sagen sie. "Es ist schon krass, dass er öffentlich ein Kopfgeld auf Juden fordert. Die Webseite ist auch mit weiteren einschlägig rechten Seiten verlinkt", so Katharina Vorderbrügge von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Vlotho.

Diese "Partei" setze sich abstruse Ziele, die von der Durchsetzung deutscher Sitten und Gebräuche, über die Abschaffung der GEZ bis hin zur Änderung der Straßenverkehrsordnung reicht. Die "Deutschen müssten gerettet werden", sie seien "staatenlos", heißt es unter anderem.

Anhänger des verbotenen Collegium Humanums seien im Vergleich aber noch besser vernetzt und vorsichtiger. "Aus dieser Richtung wäre höchstwahrscheinlich nie der öffentliche Aufruf eines Kopfgeldes für Juden gekommen. Die sind vorsichtiger", meint Vorderbrügge.

Bildunterschrift: Per E-Mail soll der Vlothoer zum Völkermord aufgerufen haben.


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