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Die Glocke , 06.11.2004 :

Kinofahrt / "Der Pianist" ist wach rüttelnd

Beelen (gl). Die Familienkreise der Jungen Gemeinschaft Beelen haben in ihr Programm für den Abend der Reichspogromnacht den Besuch einer Filmvorführung in Warendorf aufgenommen. Gerade in Zeiten, in denen in Deutschland, auch in Beelen, wieder rechtes Gedankengut aufflammt, ist der Filmbesuch ein Zeichen der Solidarität mit den ermordeten Menschen und gleichzeitig ein Zeichen dafür, dass man den Anfängen wehren muss. Die Volkshochschule zeigt an diesem Abend den beeindruckenden Kinofilm "Der Pianist" ab 20 Uhr im Theater am Wall. Zwecks Bildung von Fahrgemeinschaften, sollten sich Interessenten bis Sonntag, 7. November, bei Elisabeth Wiengarten unter Tel. 02586 / 970034 bis 19 Uhr melden. Auch Beelener Interessenten, die nicht Mitglied im katholischen Familienverband sind, können sich an der Fahrt beteiligen. Bei der Anmeldung sollte angegeben werden, ob man selbst ein Auto für die Fahrgemeinschaft bereitstellen kann. Treff zur Abfahrt ist der Lehrerparkplatz um 19.15 Uhr, da man bei frühzeitigem Eintreffen in Warendorf auch mit einem guten Platz rechnen kann. Der Eintritt kostet drei Euro.

Der Film handelt von einem jüdischen Musiker, der den Holocaust überlebt. In Erinnerung an die eigene Kindheit erzählt Roman Polanski eine wahre Geschichte. "Musiker eignen sich einfach nicht zum Verschwörer. Sie sind zu musikalisch", scherzt ein Freund des Pianisten. Tatsächlich besitzt Wladyslaw Szpilman (Adrien Brody) weder das Talent zum Widerstandskämpfer noch zum Mitläufer. Er kann nur Klavierspielen, und das rettet ihm das Leben. Einflussreiche Bewunderer helfen, als Szpilmans jüdische Familie 1939 ins Warschauer Ghetto "umgesiedelt" wird. Ein Polizist reißt ihn von dem Zug, der Hunderte ins Vernichtungslager Treblinka bringt. Freunde verstecken ihn in leer stehenden Wohnungen, wo er sprach- und tatenlos vegetiert.

"Der Pianist" ist quälend zäh und nervenzerreißend zugleich - wie Szpilmans endlos einsame Tage. Wie der Darbende in seinem Unterschlupf hofft man, dass endlich jemand auftaucht. Und gleichzeitig betet man, dass nichts geschieht, denn jede Veränderung könnte auch das Ende bedeuten. Roman Polanski hat Wladyslaw Szpilmans Memoiren verfilmt - "seltsam unbeteiligt und leidenschaftslos", wie ein Kritiker kommentierte, als "Der Pianist" in Cannes im Frühjahr 2003 die Goldene Palme als bester Film gewann. Zumal es doch auch Polanskis eigene Geschichte ist. Als Junge floh er aus dem Krakauer Ghetto, während seine Mutter im KZ umkam.Doch gerade in der Zurückhaltung liegt die Kraft des "Pianisten". Polanski spart zwar die grausame Willkür der Nazis nicht aus, am eindringlichsten allerdings ist sein Film in stillen Momenten; etwa, wenn Szpilman auf dem Bahnhof allein zwischen den verstreuten Gepäckstücken der Deportierten zurückbleibt oder auf der Suche nach etwas Essbarem durch Bombenruinen irrt, verwahrlost, halb verrückt. Dann zeigt Polanski Bilder von endloser Trostlosigkeit. Schrecklich schön. Der Besuch lohnt sich auf jeden Fall, meinen die Verantwortlichen vom 2. Familienkreis.

06./07.11.2004
glocke-online@die-glocke.de

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