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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 03.11.2004 :

"Bundeswehr ist ein wichtiger Auftraggeber" / Kasernen-Schließung hat erhebliche Folgen für die Wirtschaft. Coprian will Landes-Fördermittel

Lipperbruch. Wenn die Lipperland-Kaserne ihre Tore schließt, dann hat das auch erhebliche wirtschaftliche Folgen für den Standort Lippstadt. "Die Bundeswehr ist ein ganz wesentlicher Auftraggeber für heimische Handwerksbetriebe und Gewerbetreibende", sagte gestern Wilhelm Coprian, Chef der Wirtschaftsförderung Lippstadt (WFL) im Gespräch mit der Wirtschafts-Redaktion.

Ob es um das Renovieren oder Reparieren von Gebäuden, um die Beschaffung von Verbrauchsmaterialien oder auch die Lieferung von Lebensmitteln geht - viele Branchen profitieren von der Zusammenarbeit mit der seit 46 Jahren bestehenden Einrichtung. Nach Informationen der Wirtschaftsförderung werden von der Bundeswehr jährlich Aufträge in einer Gesamthöhe zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro an Firmen aus der Region vergeben. Und die Truppenmitglieder, die sich in Lippstadt niedergelassen haben, sind zudem wichtige Kunden für den Einzelhandel und die Gastronomie. Allein die Konsumausgaben durch die Angehörigen der Bundeswehr belaufen sich nach WFL-Schätzungen auf etwa 2 bis 2,5 Millionen Euro pro Jahr - Geld das in den Kassen der Betriebe fehlt, wenn in der Kaserne das Licht ausgeht. Alles in allem setzt die Wirtschaft im Umkreis also rund 5,5 Millionen Euro durch die Lipperland-Kaserne und ihre Soldaten um.

Wirtschaftsförderung: Drähte zur Politik nutzen

Neben 570 Zeit- und Berufssoldaten sowie 230 Wehrpflichtigen haben auch 60 Zivilangestellte in Lipperbruch ihren Arbeitsplatz. Wird das alles in ein paar Jahren Geschichte sein?

Wirtschaftsförderer Coprian hofft auf eine Chance, dass die Kaserne noch zu retten ist. "Wir werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen, um eine Schließung zu verhindern", sagt der WFL-Chef und zieht da mit Bürgermeister Wolfgang Schwade am gleichen Strang. Coprian: "Jetzt geht es darum, über die heimischen Bundes- und Landtagsabgeordneten die Drähte zur Politik zu nutzen, um die Pläne vielleicht doch noch abzuwenden."

Falls das nicht gelingt und die Einrichtung wie vom Bund vorgesehen bis 2010 ihre Türen schließt, dann sieht der Wirtschaftsförderer das Land NRW in der Pflicht: Es soll Lippstadt unter die Arme zu greifen. "Das Land muss dann über eine Standortförderung nachdenken, um eine Umnutzung des Geländes zu erleichtern", fordert der WFL-Chef.

Doch welche andere Verwendung ist für das große Gelände denkbar? "Erstmal müsste man die Gebäude untersuchen und schauen, was an Substanz vorhanden ist", sagt Coprian.

Gewerbeansiedlung auf dem Gelände denkbar

Er hält (vorbehaltlich einer genauen Prüfung) eine Wohnnutzung des Geländes ebenso für möglich wie die Ansiedlung von Betrieben - etwa Werkstätten oder Büros. Eine intensive gewerbliche Nutzung mit starkem Verkehrsaufkommen sei allerdings bei der jetzigen "nicht so optimalen Anbindung" schwierig. "Da wäre dann eine neue Erschließung weiter im Norden zur B 55 hin von Vorteil", schlägt Coprian vor.

Auch für Dr. Ralf A. Hueß, den stellvertretenden Chef der IHK Arnsberg, kann in einer Umnutzung von ehemaligen Kasernenflächen durchaus eine Chance liegen. Er erinnert an das Beispiel des früheren Militärgeländes in Werl, auf dem nach dem Abzug von britischen und belgischen NATO-Truppen das Technologiezentrum KonWerl und neue Gewerbegrundstücke entstanden sind. "Die ließen sich seinerzeit gut vermarkten", erinnert sich Hueß. Großer Pluspunkt sei dabei allerdings die verkehrsgünstige Lage gewesen, denn von Werl sind die Autobahnen A 44, A 1 und A 2 schnell erreichbar.

IHK: Neue Nutzung kann auch neue Chance sein

Und noch etwas kam für Neuansiedlungen begünstigend hinzu: "Damals war das Stimmungsbild in der Wirtschaft nicht so trübe wie in diesen Novembertagen", weiß der IHK-Vizechef. "Aber wer sagt, dass es nicht auch für Lipperbruch eine Chance gibt."


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