Neue Westfälische ,
03.11.2004 :
OWL als Mutter aller Standorte / Aufatmen in Augustdorf, Höxter und Holzminden / Nur Detmold muss abbauen
Der Abzug hunderter Soldaten hätte wirtschaftliche Auswirkungen. Verteidigungsminister Peter Struck stärkt mit seiner Entscheidung den Truppenstandort OWL.
Von Alexandra Jacobson, Burkhard Battran und Thorsten Engelhardt
Berlin/Höxter/Augustdorf. Die Kuh ist für die Bundeswehrstandorte in Ostwestfalen-Lippe vom Eis. Ursprüngliche Befürchtungen, auch in der Region würden Standorte geschlossen, haben sich nicht bewahrheitet. Vielmehr werden Augustdorf, Höxter und Holzminden teils massiv ausgebaut.
Mit Erleichterung ist die Nachricht von der Aufwertung des Truppenstandortes Augustdorf in der lippischen Gemeinde aufgenommen worden. Geschäftsleute und Politik sind sich einig: Für den Ort ist das ein Schritt nach vorn. Heinrich Wieking, Ex-Soldat, Ex-Bürgermeister und ehemaliger stellvertretender Landrat bringt es auf den Punkt: "Wir müssten ein Fest feiern!" Augustdorfs Bürgermeister Andreas Wulf formuliert es etwas prosaischer: "Die Bundeswehr wird weiterhin ein fester Bestandteil Augustdorfs sein." Das sei für den Ort sehr positiv. Mit der Aufstockung der Dienstposten kehre Augustdorf zu alten Verhältnissen Anfang der 90er Jahre zurück, als bis zu 4.000 Soldaten in der Garnison der Panzerbrigade 21 "Lipperland" beheimatet waren. Das gesellschaftliche Leben des Ortes sei bisher durch engagierte Soldaten und Beschäftigte der Bundeswehr beeinflusst worden, auch dieser Status könne nun erhalten werden. Wulf rechnet damit, dass auch Handel und Handwerk von der Truppenverstärkung profitieren werden. Eine Einschätzung, die von Augustdorfer Geschäftsleuten geteilt wird. Daniela Maric und Zarko Drozdek von der Pizzeria und Eisdiele "Malefiz" beispielsweise haben bisher rund 40 Prozent ihres Umsatzes mit hungrigen Soldaten gemacht. Drozdek geht von einer Steigerung um mindestens zehn Prozent aus.
Schlechter getroffen hat es Detmold. Das Kreiswehrersatzamt (60 Mitarbeiter) soll geschlossen werden. Die Leitung der Dienststelle und Detmolds Bürgermeister Rainer Heller wurden davon überrascht.
Bei Höxters Bürgermeister Hermann Hecker (CDU) klingelte erst gestern morgen um 8 Uhr das Telefon. Dran war der Istruper Parteifreund und Mitglied des Verteidigungsausschusses Jürgen Herrmann. Der saß schon in seinem Büro in Berlin. Es war schließlich ein Tag, weitreichender Entscheidungen.
Offiziell wurde erst um 14 Uhr von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) das Ergebnis des im Oktober 2003 eingeleiteten neuen Stationierungskonzepts bekannt gegeben. Pünktlich um 14 Uhr gab die Bundeswehr offiziell bekannt: "Der Standort Höxter wächst um 450 Dienstposten." und " Der Standort Holzminden wächst um 210 Dienstposten."
Oberstleutnant Roelof Billmann, Kommandeur des ABC-Abwehrbataillons in Höxter hat die Entscheidung aus Berlin gestern mit "Erleichterung und Freude" aufgenommen. "Wir haben hier natürlich auch ganz schön gezittert, es war ja nichts bekannt", sagte Billmann gestern. Die Aufnahme der neuen Dienstposten könne in Höxter voraussichtlich ohne Ausbau geleistet werden, ebenso auch in Holzminden. Bei aller Freude über die Entscheidung kritisierte Jürgen Herrmann, dass durch die neue Ausrichtung der Bundeswehr auf Auslandseinsätze der Aspekt der Heimatschutzverteidigung deutlich an Substanz verliere.Ein Abzug der Dienstposten hätte gravierende Auswirkungen auf den örtlichen Immobilienmarkt gehabt.
Noch ein anderer, in der bisherigen Diskussion kaum berücksichtigter Standort im Kreis Höxter war auf dem Prüfstand, nämlich Brakel-Auenhausen. Er bleibt unverändert erhalten. Hier ist eine Technik-Abteilung mit 55 Dienstposten ansässig.
Das in Höxter ansässige ABC-Abwehrbataillon 7 ist international hoch angesehen wegen seiner Fachkompetenz und technischen Ausstattung zu der auch sechs hochmoderne Spürpanzer "Fuchs" gehören. Höxter selbst hat eine über 300-jährige Tradition als Garnisonsstadt.
Der Demtolder Regierungspräsident Andreas Wiebe urteilt: "Struck hat hart an der Sache entlang entschieden." Darauf besteht der Verteidigungsminister: In erster Linie sei es um die Zukunftsfähigkeit der Truppe gegangen, erst in zweiter Linie um das Geld. Von letzterem kann Struck trotzdem durch seine Streichliste eine Menge einsparen: Bis 2010 etwa eine Milliarde Euro.
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