Lippische Landes-Zeitung ,
03.11.2004 :
Aufatmen in Augustdorf / Geschäftswelt und Politik reagieren mit Erleichterung auf Nachrichten aus Berlin
Augustdorf (te). Wilhelm Rehm hat schon im Internet gesucht und am Radioknopf gedreht. Was ist mit der Bundeswehr? Diese Frage trieb ihn gestern um. Präziser: Was ist mit der Bundeswehr in Augustdorf?
Jetzt hört der Seniorchef des Malerbetriebs Rehm durch die LZ-Reporter davon, dass Augustdorf 1.760 Soldaten hinzu bekommt, und der Standort keineswegs geschwächt wird. "Für Augustdorf ist das ein Schritt nach vorn", sagt er mit Erleichterung in der Stimme. Auch für den Betrieb könnten sich neue Chancen ergeben. Viel wichtiger aber seien die Soldaten für die Nahversorger im Ort.
Kathrin Brüske, stellvertretende Marktleiterin des "Rewe", kann das nur bestätigen. Schon morgens, wenn der Laden um 6.30 Uhr öffnet, sind häufig Männer oder Frauen in Uniform unter den ersten Kunden. "Sie kaufen Wurst, Fleisch, Käse, Brötchen, Getränke oder auch viel Süßigkeiten", weiß Brüskes Kollegin Marie-Luise Kleessen. Mehr Soldaten, das bedeute sehr viel mehr Geschäft, stellt Brüske eine einfache Rechnung auf. "Wie es sonst hier aussieht, wissen Sie ja selbst", schlägt Marie-Luise Kleessen den Bogen zur gesamtwirtschaftlichen Lage: "Es gibt auch hier reichlich Arbeitslose, und die Leute haben alle nicht mehr so viel Geld."
Der Pizza-Service der Pizzeria und Eisdiele "Malefiz" ist am Tor der Rommel-Kaserne häufig zu finden. "Die Kaserne ist für uns ein Aufhänger, wie für Gesamt-Augustdorf", verdeutlicht Zarko Drozdek vom "Malefiz". 40 Prozent des Umsatzes macht die Gaststätte durch die Soldaten. "Realistisch gesehen wird es zehn Prozent Umsatzzuwachs geben", überschlägt Drozdek. Aber dass damit Augustdorf und die Bundeswehr für immer und ewig zusammengehören, glaubt er nun wieder nicht. "Wir sind schon elf Jahre hier und haben in der Beziehung schon so einiges mitgemacht."
Unter den Geschäftsleuten des Ortes und den Soldaten wurde in den vergangenen Tagen immer wieder über die Zukunft der Garnison gesprochen, berichtet Annegret Rademacher, Angestellte im Tabak- und Zeitschriftengeschäft von Hans-Peter Kamp. Mehr Soldaten, das bedeute auch für den Laden und den dazu gehörigen Friseursalon mehr Kundschaft. "Man merkt ja allein schon, wenn die Soldaten in Urlaub sind."
Die Truppenreduzierung der Vergangenheit und die häufigen Auslandseinsätze der Verbände hat auch Uwe Tietz, Geschäftsführer des "Soldaten- und Kantinenbedarfs", schon gespürt. "Hätten die die Kaserne zugemacht, hätten wir auch zumachen können", sagt er knapp. Erleichterung ist auch bei der Politik zu spüren, selbst wenn Bürgermeister Dr. Andreas Wulf erwartet hatte, dass die Strukturreform für seine Gemeinde positiv ausgeht. Dafür habe einfach die gute Infrastruktur der Kaserne gesprochen. Mit der Aufstockung kehre der Standort zu alter Stärke zurück, die Kaufkraft werde steigen, ist er sich sicher und hofft, dass die Verstärkung auch ein positives Zeichen für die fernere Zukunft des Militärstandortes ist.
"Wir brauchen die Bundeswehr hier unbedingt für die Infrastruktur", sekundiert Lotti Werner, die für die SPD lange im Gemeinderat saß. Ebenso wie Ex-Bürgermeister und Soldat a. D. Heinrich Wieking (CDU), der von einem "Glückstag" für den Ort spricht. Eine "erfreuliche Entscheidung für die ganze Region", nennt Bundestagsabgeordneter Jürgen Herrmann (CDU) die Strucksche Devise. Eine "nachhaltige Aufwertung" des Standortes hat seine Kollegin Gudrun Kopp (FDP) erkannt, und SPD-Kreisvorsitzende Ute Schäfer bezeichnet die Bundeswehr für Augustdorf als "überlebenswichtig".
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