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Antifa-West , 13.10.2004 :

Montagsdemonstration in Bielefeld will keine extrem Rechten

Extreme Rechte und Neonazis versuchen die Proteste gegen den Sozialabbau massiv für die Verbreitung ihrer Weltanschauung zu nutzen. In Bielefeld sind solche Versuche noch Einzelfälle. Die dortige Montagsdemonstration grenzte sich am 11. Oktober gegen extrem rechte Einflußversuche und gegen den Teilnehmer Peter Fröhlich ab.

Auf Montags- und Donnerstagsdemonstrationen haben in den letzten Wochen Hundertausende gegen die Hartz IV-Gesetze und den damit verbundenen gravierenden Sozialabbau demonstriert. Auch in Bielefeld gehen Montags rund 100 bis 400 Menschen gegen die staatlich verordnete Verarmung und Entrechtung auf die Straße. Die Proteste beginnen um 18.00 Uhr auf dem Jahnplatz mit einer Kundgebung. In den letzten Wochen schlossen sich Demonstrationszüge zu den Büros der Parteien oder zu Karstadt an. Während der Kundgebungen sind alle eingeladen, an einem offenen Mikrofon Stellung zu beziehen, wovon reichlich Gebrauch gemacht wird. Am 11. Oktober distanzierte sich die Demonstration von Peter Fröhlich, der vor Bekanntwerden seines extrem rechten Hintergrundes als Teilnehmer, Ordner und Redner aufgetreten war. Am 4. Oktober waren er und seine Ehefrau sogar als Delegierte für eine bundesweite Konferenz der MontagsdemonstrantInnen gewählt worden. Diese Entscheidung wurde ebenfalls revidiert. Schon zu einem Vorbereitungstreffen am Donnerstag, dem 7. Oktober, im ver.di-Gewerkschaftshaus war ihm der Zutritt verwehrt worden.

Fröhlich selbst protestierte am 11. Oktober mit einem Flugblatt gegen den angeblichen "Rufmord". Darin behauptet er lediglich versucht zu haben "Neonazis für die Umsetzung des Grundgesetzes und der Menschenrechte zu begeistern". Allerdings entlarvt sich seine Demagogie selbst, etwa durch die in dem Pamphlet enthaltene Frage: "Wodurch unterscheidet sich diese Ausgrenzung heute denn von der Ausgrenzung der Juden unter Hitler?" Wäre Fröhlich wirklich ein "gestandener Antifaschist", wie er schreibt, hätte er diese Frage nicht gestellt oder zu beantworten gewußt.

Wer ist Peter Fröhlich

In den 80er Jahre war Peter Fröhlich nach Angaben des Bielefelder Stadtblattes Aktivist der ANS/NA, einer Neonazitruppe Michael Kühnens, die später verboten wurde. (1) Am 14. Juni 1984 verurteilte ihn das Landgericht Frankfurt/M. wegen fortgesetzten Verbreitens von Propagandamitteln einer nationalsozialistischen Organisation zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren.

Obwohl ein Teil der Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, hatte Frölich seine nationalsozialistische Einstellung nicht abgelegt. Nach Ablauf der Bewährungsfrist verbreitete er ein Rundschreiben, in dem er gegen "Zigeuner und Türken" hetzt und antisemitische Weltverschwörungstheorien verbreitet. "Wo es keine Juden sind, die an den Hebeln der Macht sitzen, sind es Personen, deren Geisteshaltung einer dem Judaismus entsprungenen Ideologie entspricht", heißt es da zum Beispiel. In dem Schreiben wirbt er auch um Spenden für "den weiteren Befreiungskampf für unser entrechtetes und geknechtetes Deutsches Volk", sowie um Darlehen, die dem "jüdischen Wucher" keinen Vorschub leisten. "Es geht um die Wiederherstellung des Deutschen Reiches", schreibt Fröhlich und zitiert sodann die Worte des Mannes, "dessen hundertsten Geburtstag wir in Kürze gedenken und der das fast unglaubliche vollbracht hat, nämlich die Deutschen für eine kurze Zeit unter einen Hut zu bringen". (2)

Braune Hochzeit im NF-Zentrum

Wenige Wochen danach, am 20. April 1989 jährte sich dann der Geburtstag dieses Mannes, nämlich Adolf Hitlers, zum hundertsten mal. Anlass für Peter Fröhlich, seine Hochzeit in dem damaligen Neonazizentrum der "Nationalistischen Front" (NF) in der Bielefelder Bleichstraße 143 zu feiern. (3)

Gute Kontakte hat er offensichtlich auch zur Holocaustleugnerszene. Das "Deutsch-Österreichische Institut für Zeitgeschichte" des notorischen Auschwitzleugners und Neonazis, Walter Ochsenberger, zeichnete ihn mit einer Urkunde in "Würdigung des unverdrossenen Kampfes für das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes und der historischen Wahrheitsfindung" aus. Ochsenberger musste in Österreich selbst eine Strafe wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbüßen. (4)

Im Jahr 1995 unterzeichnete Fröhlich, der sich gerne als "Bürgerrechtler" oder "Menschenrechtler" bezeichnet, einen nationalistischen Aufruf zum 8. Mai, der diesen Tag nicht als Tag der Befeiung vom Nationalsozialismus, sondern vor allem als "Beginn von Vertreibungsterror und neuer Unterdrückung im Osten" sieht. Ignatz Bubis sprach mit Bezug zu dem Aufruf von Ewiggestrigen, die "am liebsten alles, was zwischen 33 und 45 passiert ist, fortsetzen würden - vielleicht in einer gemäßigteren Form, ohne gleich Völkermord zu betreiben." (5)

Kein Aussteiger

Peter Fröhlich ist kein Aussteiger aus der Neonaziszene. Auf der Demonstration am 13. September 2004 auf seine Vita ansgesprochen, hatte er nur Ausflüchte parat. Angeblich habe er in der ANS/NA nur eine besondere Art der Straßensozialarbeit betrieben. Das Urteil der Strafe, die er absitzen musste, sei in Wirklichkeit nicht rechtskräftig. Dass er am Datum von Hitlers hundertstem Geburtstag im Neonazizentrum seine Hochzeit gefeiert habe, daran sei der ehemalige NF-Chef Meinolf Schönborn schuld, da sei er reingeschlittert. Den Aufruf zum 8. Mai habe er nur unterzeichnet, weil seine Eltern angeblich Vertriebene gewesen seien - Eben "Jugendsünden" des 1949 geborenen Mannes.

Neonazis versuchen sich derzeit zwar als Anwälte der Arbeitslosen aufzuspielen, vertreten aber in Programmatik und Praxis eine unsoziale und menschenverachtende Politik. Sie machen Menschen anderer Herkunft und Hautfarbe zu Sündenböcken aller Missstände und sind die geistigen und physischen Täter von feigen Anschlägen auf MigrantInnen, Obdachlose und politische GegnerInnen. Sie wollen nicht mehr Demokratie sondern einen autoritären Führerstaat, keine Emanzipation von Erwerbslosen und Erwerbstätigen, sondern Betriebsgemeinschaften nach nationalsozialistischem Vorbild. Wir haben keine Lust, mit solchen Menschen gemeinsame Sache zu machen und unseren Protest gegen Hartz IV und den Sozialabbau mit ihnen zum Ausdruck zu bringen.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

(1) Vgl. Stadtblatt vom 20.04.1989
(2) Zitate aus Rundschreiben von Peter Fröhlich, Februar 1989
(3) Vgl. Neue Westfälische vom 22.04.1989
(4) Vgl. Rundschreiben von Peter Fröhlich, Februar 1989
(5) Vgl. Presseerklärung der Antifa-West, in SchlagNach Extraausgabe Juni 1995


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