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Neues Deutschland , 06.10.2004 :

Rattenfänger suchen Hameln heim / SPD-Grußwort für Ritterkreuzorden abgesagt

Von Reimar Paul

Am 15. Oktober wollen sich die noch lebenden Ritterkreuzträger in der Hamelner Weserberglandhalle treffen. Der Ordensgemeinschaft gehören Veteranen der Wehrmacht und der Waffen-SS an.

Die Stadt Hameln sieht die Veranstaltung "mit großen Vorbehalten", der parteilose Oberbürgermeister Klaus Arnecke hatte es abgelehnt, ein Grußwort für die rechten Ordensleute zu sprechen. Landrat Karl Heißmeyer (SPD) fiel die Entscheidung schwerer. Erst am Dienstag nahm er von seinem Vorhaben Abstand, die rund 300 erwarteten Ritterkreuzträger mit einem persönlichen Grußwort willkommen zu heißen. "Viele dieser für Tapferkeit ausgezeichneten Soldaten waren später Mitglieder der Bundeswehr, des politischen und gesellschaftlichen Lebens und spielten eine entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben", so hatte der 66-Jährige geäußert. Auch am Dienstag noch bedauerte Heißmeyer "viele überzogene Reaktionen" in seiner Partei. "Mein Grußwort wäre kritisch ausgefallen", versuchte er einen geordneten Rückzug.

Das Ritterkreuz bekamen Soldaten im Zweiten Weltkrieg für "hervorragende Tapferkeit, weit überdurchschnittliche Verdienste in der Truppenführung oder eine kampfentscheidende Leistung nach selbstständigem Entschluss". Die Auszeichnung wurde von Adolf Hitler persönlich verliehen. Unter den 7.318 Soldaten mit Ritterkreuz waren 438 Mitglieder der Waffen-SS.

Der Zusammenschluss zählt noch 400 bis 450 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 87 Jahren. Im "Ritterkreuz", dem Mitteilungsblatt des Ordens, hieß es kürzlich: "Es muss uns mit Schmerz erfüllen, dass Ostpreußen, Ostpommern, Brandenburg und Schlesien polnisch besetztes Gebiet bleiben werden. Aber in unseren Herzen wird immer ein Licht brennen, dass dieses deutsche Land nicht ewig von uns getrennt sein wird."

Führende SPD-Leute in Niedersachsen und vor Ort hatten sich über Heißmeyer empört. "Es ist völlig inakzeptabel, vor einem solchen Verein zu reden", sagte Landeschef Wolfgang Jüttner. Der Fraktionsvorsitzende im Hamelner Kreistag, Ulrich Watermann, hatte Heißmeyer aufgefordert, das Grußwort nicht in seiner Funktion als Landrat zu sprechen.

Im Zusammenhang mit rechten Umtrieben hatte Hameln zuletzt im Sommer für Schlagzeilen gesorgt. Damals war bekannt geworden, dass der rechtextremistische Anwalt und Multi-Funktionär Jürgen Rieger dort ein Zentrum für Kulturveranstaltungen und "nationale Tagungen" aufbauen will.


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