Deister- und Weserzeitung ,
05.10.2004 :
Die Ritterkreuz-Affäre zieht jetzt bundesweit Kreise
Hameln (mafi). Nachdem die Dewezet am Samstag über das Grußwort von Landrat Karl Heißmeyer (SPD) für die Bundesversammlung der Ritterkreuzträger berichtet hatte, gingen gestern die niedersächsischen Grünen an die Öffentlichkeit. Deren Vorsitzende Brigitte Pothmer verlangte von SPD-Landeschef Wolfgang Jüttner, Heißmeyer davon abzuhalten, dem schriftlichen Grußwort auch noch - wie angekündigt - einen Auftritt auf der Versammlung am 15. Oktober im Weserbergland-Zentrum folgen zu lassen. Jüttner räumte ein: "Es ist völlig inakzeptabel vor einem solchen Verein zu reden." Das Problem müsse die Partei vor Ort lösen. Um 17 Uhr traf sich die SPD-Kreistagsfraktion, um auf Heißmeyer einzuwirken. Fraktionschef Ulrich Watermann berichtete später, der Landrat habe seine Entscheidung verteidigt und betont, sich von dem Weg nicht abbringen zu lassen. Heißmeyer verließ nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gründen die Sitzung. Die SPD-Fraktion beschloss danach einstimmig einen Appell "an den Landrat als Vertreter aller Bürger Hameln-Pyrmonts", bei den Ritterkreuzträgern nicht aufzutreten. Dieses Votum blieb dann doch nicht ohne Wirkung: Wie Watermann am Abend mitteilte, will Heißmeyer sich nun noch einmal mit Oberkreisdirektor Hans Jürgen Krauß beraten und über alle Aspekte neu nachdenken.
Der Kreisvorsitzende der Grünen, Thomas Schröder, sagte: "Heißmeyer wäre gut beraten, eine solche Gruppe wie die Ritterkreuzträger nicht aufzuwerten." Schröder betonte aber auch, der SPD-Mann sei ein aufrechter Demokrat und nicht in die rechte Ecke zu rücken. Im Laufe des Tages machte die "Ritterkreuz-Affäre" die Runde durch die niedersächsischen Rundfunksender. Und dann verbreitete die Deutsche Presseagentur bundesweit: "Wirbel um Bundestreffen der Ritterkreuzträger - SPD-Landrat spricht". Dieses Ausmaß der Aufmerksamkeit hatte Heißmeyer offensichtlich nicht erwartet, als er sich entschloss, der Grußwort-Bitte der Wehrmachts- und Waffen-SS-Veteranen zu folgen. Oberbürgermeister Klaus Arnecke hatte es hingegen abgelehnt, die angekündigten 300 Ritterkreuzträger in der Rattenfängerstadt willkommen zu heißen. Die Stadt sehe die Versammlung "mit großen Vorbehalten", bestätigte ihr Sprecher Thomas Wahmes. Er befürchtet, dass die jetzigen Schlagzeilen dem Ruf des Ortes schaden könnten.
Ex-Offizier Heißmeyer hatte gegenüber der Dewezet erklärt: "Ich werte das Kreuz nur als soldatische Leistung und nicht in Verbindung mit dem verbrecherischen Regime." Rudolf Scharping (SPD) hatte einst als Verteidigungsminister dem Orden der Ritterkreuzträger vorgehalten, er werde teils von Leuten geführt, die dem Rechtsradikalismus nahe stehen. Der Verfassungsschutz berichtet andererseits: "Die Ordensgemeinschaft entfaltet keine Aktivitäten, die bisher ein Einschreiten des Verfassungsschutzes nötig gemacht hätten."
Pothmer kritisierte, der Verein zeige keinerlei Ansätze, sich kritisch mit der deutschen Geschichte auseinander zu setzen. "Die versuchen, positive soldatische Tugenden von dem verbrecherischen NS-System abzutrennen." Die Grüne erinnerte zudem daran, dass der Neonazi Jürgen Rieger als Eigentümer des früheren "City-Kinos" Hameln zum Veranstaltungsort für rechte "Kulturveranstaltungen" machen wolle.
Das Bundestreffen der Ritterkreuzträger findet im Weserbergland-Zentrum statt, das von der Hameln Marketing und Tourismus GmbH gemanagt wird. Diese hatte vor der Vermietung beim Verfassungsschutz angefragt.
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