Georg-Weerth-Gesellschaft e. V. ,
29.09.2004 :
Zum Verhältnis von Antiamerikanismus und Antisemitismus / Gerhard Scheit
Sind "die Juden" von den Antisemiten dazu 'auserwählt', den abstrakten Reichtum zu verkörpern - das Geld, dort wo es unheimlich und irreal erscheint, gelten die USA für den antiamerikanisch Gesinnten als einzige real existierende Gesellschaft, in der allein das Geld regiere, eine Nation ohne freiwilligen Gemeinsinn, ohne selbstbestimmtes Opfer für den Staat. (Es mangle den Amerikanern von Natur aus an soldatischen Tugenden, wird seit dem Ersten Weltkrieg beständig betont.) Das ist es auch, was man "den Juden" immer vorgeworfen hat: sie wären nicht bereit, sich für die Nation zu opfern, wie sie auch schon das Opfer "unseres Herrn Jesus" nicht anerkannt haben. So erinnert die Politik, die heute gegen die USA im europäischen Namen gemacht oder erst noch gefordert wird, nicht zufällig an das Verhältnis des christlichen Abendlands zum Judentum: sie werden für all das Schlechte verantwortlich erklärt, woraus man selbst den größten Nutzen zieht. Suggeriert wird dabei, den eigenen Standpunkt außerhalb der Konflikte, oberhalb der Interessen einzunehmen. Von diesem imaginären Reich des Völkerrechts aus werden die USA dann als gleichsam universell gewordener Kolonialstaat beschworen. Nach Maßgabe dessen, wie einmal das United Kingdom in seinem Kolonialimperium regiert habe, wird jetzt die USA als Souverän phantasiert, der über die ganze Welt als sein Kolonialreich herrsche oder herrschen möchte. Warum für dieses Amerika-Bild, das in George W. Bush personifiziert wird, der Antisemitismus unentbehrlich ist, wird im einzelnen zu klären sein. Der Vortrag folgt in seinen Grundthesen dem neuen Buch von Gerhard Scheit: Suicide Attack - Zur Kritik der politischen Gewalt, das im Herbst bei ça ira (Freiburg) erscheint.
Informations- und Diskussionsveranstaltung
Dienstag, 12. Oktober 2004, 19.00 Uhr, Universität Bielefeld
Mittwoch, 13. Oktober 2004, 19.30 Uhr, Stadthalle Detmold Balkensaal
gwg@georg-weerth.info
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