Westfälisches Volksblatt ,
25.09.2004 :
340 Zwangsarbeiter in den Einrichtungen der Kirche / Erzbistum legte Bericht vor: nur 27 Entschädigungen
Von Manfred Schraven
Paderborn (WV). Die Kommission für Kirchliche Zeitgeschichte legte gestern ihren Abschlussbericht über die Beschäftigung von Zwangsarbeitern in der katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn vor. Danach waren in den Jahren 1939 bis 1945 340 ausländischen Arbeitskräfte in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt.
Im Erzbistum Paderborn waren laut Dokumentation 160 ausländische Männer und 177 Frauen in 65 kirchlichen Betrieben in 65 Orten des Erzbistums beschäftigt. In der Stadt Paderborn (in den damaligen Grenzen vor der kommunalen Gebietsreform) waren es 95 Zwangsarbeiter in neun Einrichtungen, von denen 82 als entschädigungsberechtigt anerkannt sind. Diese Zahlen nannte StD i. R. Peter Mähring von der Kommission für kirchliche Zeitgeschichte. Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in kirchlichen Krankenhäusern, Heilanstalten und in landwirtschaftlichen Betrieben arbeiteten, stammten überwiegend aus Polen, Russland und der Ukraine.
Wie Peter Möhring weiter ausführte, konnten über die Lebens- und Arbeitsbedingungen ausländischer Arbeitskräfte nur wenig in Erfahrung gebracht werden. Aufschlüsse geben jedoch Lohnbücher, die unter anderem das Erzbischöfliche Theologenkonvikt Collegium Leoninum zur Verfügung gestellt hat. Daraus sei zu entnehmen, dass Zwangsarbeiter korrekt nach den geltenden Tarifordnungen entlohnt wurden. Einige Informationen erhielten die Mitarbeiter der Kommission auch über Briefwechsel mit ehemaligen Zwangsarbeitern. Peter Möhring zitierte aus einem der Brief der, jetzt 77-jährigen Polin Aniela Molek, die als 18-Jährige nach Deutschland transportiert worden war, um im Marienkrankenhaus in Hemer zu arbeiten. Die Arbeit dort in der Wäscherei sei schwer gewesen; als Lohn habe sie nur sehr wenig Geld erhalten. Die Schwestern seien aber freundlich gewesen.
Von den namentlich ermittelten 332 ehemaligen Zwangsarbeitern haben bisher 27 eine Entschädigung erhalten, 16 Männer und acht Frauen. Der Entschädigungsfonds sieht für jede Person eine Zahlung von 2500 Euro vor. Mähring zum aktuellen Stand: Bundesweit wurden dem kirchlichen Entschädigungsfonds 4.650 Namen mitgeteilt. Davon konnten 2.866 Personen (62 Prozent) nicht ermittelt werden. 559 Personen wurden mittlerweile entschädigt. In 390 Fällen laufen noch Ermittlungen.
Der Vorsitzende der Kommission Professor Ulrich Wagener berichtet über den Gang der Forschungsarbeiten der vergangenen vier Jahre. Eine große Hilfe sei dabei der Internationale Suchdienst gewesen.
25./26.09.2004
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