www.hiergeblieben.de

Mindener Tageblatt , 25.09.2004 :

Reise in eigene Familiengeschichte / Die Nachfahren eines aus Minden stammenden Juden machen Station in der Weserstadt

Von Cord Krüger

Minden (ckr). Die Nachfahren eines aus Minden stammenden Juden haben auf einer Reise in die Vergangenheit ihrer Familie Station in Minden gemacht.

Die Eheleute Nurit und Droer Kaziri sind mit ihren vier Töchtern auf Spurensuche in Deutschland. Die christlich-jüdische Gesellschaft Minden um Pfarrer Dr. Heinrich Winter hieß die Kaziris in Minden willkommen. Droer Kaziris Vater, Max Kaziri, war der Neffe des bekannten Mindeners Max Ingberg. Nachdem der gebürtige Mindener Max Kaziri 1938 vor der Nazi-Diktatur ins heutige Israel geflohen war, baute er dort den Kibbuz Sha`a Hagolan auf.

Max Kaziri hielt zeitlebens Kontakt zu seiner Heimatstadt. Viele Male besuchte er Minden im Rahmen des von der christlich-jüdischen Gesellschaft organisierten Austauschprogramms - bis zu seinem Tod im Jahre 2001. Gemeinsam mit ihren Gastgebern von der christlich-jüdischen Gesellschaft besuchten die Kaziris die Mindener Synagoge und gingen Max Kaziris alten Schulweg zur Königschule nach.

Während sein Sohn Droer Kaziri heute in der Landwirtschaft arbeitet und zum ersten Mal Minden besuchte, war Max Kaziris Schwiegertochter Nurit schon viele Male in Deutschland. Die engagierte Friedenskämpferin organisiert in ihrer Heimat Israel unter anderem Hilfen für palästinensische Frauen und setzt sich für den Austausch zwischen deutschen und israelischen Jugendlichen ein. "Wir müssen in die Zukunft blicken. Der Dialog ist der beste Weg zur Annäherung", sagt Nurit Kaziri.

"Menschen dort besser verstehen"

Heinrich Winter hebt die besonderen Möglichkeiten hervor, die sich im Gespräch mit den Kaziris ergeben: "Wir können hier wirklich erfahren, was in Israel vorgeht und die Menschen dort besser verstehen."

Nachdem in den 90er Jahren die Stadt, die jüdische Kultusgemeinde und die christlich-jüdische Gesellschaft mehrfach ehemalige Mindener Juden in ihre Heimatstadt einladen konnten, ist dieser Austausch inzwischen eingeschlafen. "Die meisten sind mittlerweile in einem nicht mehr reisefähigen Alter", bedauert Ulrich Scholz von christlich-jüdischen Gesellschaft und fügt hinzu: "Jetzt müssen die nachfolgenden Generationen den begonnenen Dialog fortsetzen."

Die vier Töchter der Familie sind zum ersten mal in Deutschland und scheinen sichtlich angetan von Minden: "Es ist so eine schöne Stadt", meint Laliv. Die junge Frau betont, nicht nur um der Geschichte Willen nach Deutschland gereist zu sein, sondern auch als ganz gewöhnliche Touristin: "Zum Abschluss unserer Reise werden wir noch Berlin besuchen."

Nach einer Nacht in Minden reisten die Kaziris weiter nach Leipzig, der Heimatstadt von Nurits Familie.

25./26.09.2004
mt@mt-online.de

zurück