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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 24.09.2004 :

Wenn Medien zu Waffen werden / Ausstellung über Feindbilder und Kriegspropaganda in der Volkshochschule

Lippstadt. Die eigentliche Eröffnung fiel mangels Besucher aus. Dabei hätte die neue Ausstellung "Des Deutschen Freund - Des Deutschen Feind" in der Lippstädter Volkshochschule durchaus mehr öffentliches Interesse verdient, zeigt sie doch sehr anschaulich, wie seit dem Ersten Weltkrieg Massenmedien gezielt als Propagandawaffen eingesetzt werden. Interessant ist die von dem Diplom-Pädagogen Wolfgang Hoffmann und Dr. Torsten Reters zusammengestellte Schau nicht zuletzt für Schulklassen, die der Ausstellung möglicherweise doch noch zum Erfolg verhelfen könnte.

Mit dem Ersten Weltkrieg hatte sich der Krieg endgültig in eine anonyme Materialschlacht verwandelt. Die Einbeziehung der gesamten Bevölkerung in diesen Vernichtungskampf, als Soldaten ebenso wie als zivile Opfer, führte zum verstärkten Einsatz von massenmedial verbreiteten Feindbildern.

Hoffmann und Reters haben zahlreiche Karikaturen, Plakate, Zeitungsartikel, Flugblätter, Bücher, ja, selbst patriotisch verziertes Geschirr zusammengetragen, um zu veranschaulichen, wie Deutschland und seine Gegner in den beiden Weltkriegen die Propaganda nutzten, um den Feind zu diffamieren und die eigene Seite zu heroisieren. Da werden zum Beispiel auf der einen Seite deutsche "Kriegshelden" wie Kaiser Wilhelm II. und Hindenburg ikonisiert, während ein heute eher skurril anmutendes amerikanisches Filmplakat "The Kaiser - The Beast of Berlin" präsentiert.

Vor allem im Zweiten Weltkrieg zeigt sich die Tendenz, den Gegner zu entmenschlichen. Während die Nazi-Propaganda "Die Gefahr des Bolschewismus" als Skelett mit einem blutigen Dolch zwischen den Zähnen zeigt, wird Hitler auf einer sowjetischen Karikatur zum Knochen abnagenden Kannibalen.

Doch auch heute noch haben Feindbilder ihren Platz in den Massenmedien. Die Ausstellung schlägt den Bogen zur Gegenwart, indem sie auch Material zum Kosovokrieg und zum "Feindbild: Islam" integriert. Hier offenbart die Präsentation jedoch auch eine Schwäche, fehlt es doch an Einordnung und tiefergehender Analyse.

Sind die grotesken Überzeichnungen der Gegner bei den historischen Darstellungen noch leicht zu durchschauen, so fällt dies bei aktuellem Material weitaus schwerer. Was ist zum Beispiel bei "Bild"-Berichten über - laut Begleittext "zum Teil erfundene" - serbische Gräueltaten Fakt und was Lüge? Wie funktioniert die Produktion von Feindbildern in der modernen Gesellschaft? Und wie wird sie - wenn überhaupt - gesteuert? Die Ausstellung gibt keine Antworten, aber sie regt zu Diskussionen an.

Im Rahmen der Ausstellung hält Wolfgang Hoffmann am Dienstag, 28. September, den Vortrag "Vor 90 Jahren: Zwischen Kriegsbegeisterung und Friedenssehnsucht im Ersten Weltkrieg". Torsten Reters referiert am Donnerstag, 14. Oktober, über "Feindbilder! - Zur Entstehung von Vorurteilen, Krieg und Fremdenfeindlichkeit im 'Dritten Reich' im Rechtsextremismus und in den Kriegen der 90er Jahre". Die Vorträge beginnen jeweils um 20 Uhr.

Die Ausstellung läuft bis zum 15. Oktober. VHS-Leiter Claus-Ulrich Ahl bietet nach telefonischer Vereinbarung unter 02941/289512 auch Führungen an.


Redaktion@DerPatriot.de

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