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Mindener Tageblatt , 23.09.2004 :

Herausragende Forschung / Geschichtsverein würdigt Arbeiten Linnemeiers und Becks mit Preis

Minden/Lübbecke (kue). In der St.-Andreas-Kirche in Lübbecke hat der Mindener Geschichtsverein seinen diesjährigen Förderpreis verliehen. Der mit 2500 Euro dotierte Preis zeichnet herausragende wissenschaftliche Forschungen zur Geschichte aller Epochen auf dem Gebiet des ehemaligen Fürstentums Minden bzw. des heutigen Kreises Minden-Lübbecke aus.

Der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Michael Funk, wies in seiner Begrüßung auf die große Bandbreite der elf eingereichten Arbeiten hin, die das Leben und Wirken im Kreis Minden-Lübbecke eindrucksvoll repräsentieren. Sein Dank richtete sich an alle Beteiligten des Abends, insbesondere an die Mitarbeiter und die Jury. Ferner gab er seiner Freude Ausdruck, viele Weggefährten der Ausgezeichneten und Gäste aus der Politik von nah und fern willkommen heißen zu können.

Prof. Dr. Dietrich W. Poeck dankte in seiner Laudatio Dr. Bernd-Wilhelm Linnemeier für seine Arbeit über "Jüdisches Leben im Alten Reich. Stadt und Fürstentum Minden in der Frühen Neuzeit" und Dr. Wolfhart Beck für die Arbeit "Westfälische Protestanten auf dem Weg in die Moderne. Die evangelischen Gemeinden des Kirchenkreises Lübbecke zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik".

Linnemeier zeichnet in seiner Arbeit ein ausführliches Bild der besonderen Lebens- und Wirtschaftssituation der Juden im heimischen Raum von der Zeit von 1350 an. Ein Beispiel aus Lübbecke und der Andreaskirche zeigen bisher unbekannte Facetten des Zusammenlebens von Juden und Christen. So bestätigt der Rat der Stadt Lübbecke 1686, dass die Andreas-Kirche "gleich anderen Privatgebäuden nicht demolyret worden" seien auf Grund von Zahlungen eines ortsansässigen Juden.

Becks Darstellung ist erarbeitet aus der Fülle von Protokollen der Kreissynoden, Jahresberichten von Pfarrern und Superintendenten und den Beständen der Kommunalarchive. Aus diesen Überlieferungen werden in dichter Beschreibung die Wege und Irrwege der kulturellen Behauptung der Religion in der Moderne am Beispiel des Kirchenkreises Lübbecke vorgestellt. Mit dem Titel "Zwischen Kreuz und Hakenkreuz" stellt Beck ausführlich am 12. Oktober um 19.30 Uhr im Alten Amtsgericht in Lübbecke seine Arbeit vor. Im Mindener Museum an der Ritterstraße ist Linnemeier am 2. November um 19.30 Uhr mit seinem Vortrag "Von Juwelenhändlern und Kälberjungen" zu erleben.

Mit Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy wurde die Veranstaltung eingerahmt. Auch Mendelssohn, der als Jude (Zitat Heinrich Heine) als "Eintrittsbillett in die europäische Kultur" zum Christentum konvertiert ist, hatte mit der Definition seiner persönlichen Identität zu kämpfen. Seine intensive Musik wurde von Kirchenmusikdirektor Heinz-Hermann Grube mit der Orgelsonate VI d-moll ,Vater unser im Himmelreich" in eindrücklicher Weise gespielt und interpretiert. Der Posaunenchor an St. Andreas (Leitung Karl Kühn) unterstrich mit exzellentem Spiel zweier Psalmvertonungen die Bedeutung dieser Feierstunde.


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