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Neue Westfälische , 20.09.2004 :

Steinbach kämpft mit terminatorhafter Entschlossenheit / Hintergrund

Bielefeld. Sie wollte ursprünglich die EU-Beitritte von Polen und Tschechien wegen ungeklärter Entschädigungsregelungen verhindern. Jetzt streitet Erika Steinbach für ein Vertriebenenzentrum und eckt damit an. Bernhard Hänel berichtet.

In Deutschland ist Erika Steinbach eine CDU-Bundestagsabgeordnete von der hinteren Bank. In Polen aber kann sich die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) mit der Prominenz des Kanzlers messen. Im Herbst prangte sie, in eine SS-Uniform montiert und auf Gerhard Schröder reitend, auf dem Titel eines polnischen Nachrichtenmagazins. Eine Geschmacklosigkeit gegenüber dem Bundeskanzler. Für Steinbachs Image war der Missgriff eher nützlich.

Und so ist auch das Zentralorgan der neuen Rechten, die Junge Freiheit, das erste, auf das der Blick des Besuchers beim "Tag der Heimat" gestern in Bielefeld fällt. In der jüngsten Ausgabe steht, was die Szene vom BdV hält - nicht viel: Er sei "einflusslos".

Eine Einschätzung, gegen die BdV-Präsidentin beim Heimattag anredete. Sie gibt die Retterin der enterbten und entrechteten Schicksalsgefährten, Sprecherin des Teils der Deutschen, der aus Heimweh besonders heimattreu sei. Die hochgewachsene Blondine geht auf Distanz zur Preußischen Treuhand, einem Klub Ewiggestriger, der in Polen und Tschechien mit Restitutionsforderungen Angst und Schrecken verbreitet. Steinbach sagt, sie wolle kein Geld von den Nachbarn, auch wenn die endgültige Klärung offener Vermögensfragen noch ausstehe. Aber "Prinzipienreiter können sich zu Tode reiten".

Nicht die Vertriebenen schüfen Probleme, sondern die Bundesregierung. Sie sei es, die den Wunsch nach Restitution verlorenen Eigentums im Osten bescheide mit dem Verweis auf den Klageweg, gleichzeitig aber von Warschau aus erkläre, sie werde sich vor Gericht gegen die Ansprüche der Kläger aussprechen. "Unanständig" sei das und eine "doppelbödige Politik". "Für den Verband ist das Eigentums- und Entschädigungsproblem eine innerdeutsche Frage", grenzt sich die BdV-Präsidentin von der Treuhand ab. "Vermögensansprüche spielen keine zentrale Rolle." Doch eine Lösung wolle auch sie: "60 Jahre nach Kriegsende muss Rechtsfrieden geschaffen werden."

Wichtiger ist Präsidentin Steinbach die Einrichtung des "Zentrums gegen Vertreibung". Ihr gehe es dabei um "Akzeptanz für unser Schicksal und um Anerkennung". Dort solle "nichts als die Wahrheit" dargestellt werden. Steinbach vermag sich nicht vorstellen, das dies Zentrum keine Versöhnung stiftende Einrichtung werden kann. Ihre Idee ist aber zu einem Problem - für den Kanzler und für ihre eigene Partei geworden. Doch Steinbach ist unbeirrt. Was sie anpackt, verfolgt sie mit terminatorhafter Entschlossenheit.


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