Deister- und Weserzeitung ,
17.09.2004 :
Historiker mahnt: Hameln soll an dieses dunkle Kapitel erinnern / Gedenktafel für Opfer der NS-Justiz gefordert / Stadt reagiert prompt
Hameln (mafi). Dieses Ausmaß des Leids hatte Lokalhistoriker Bernhard Gelderblom nicht erwartet, als er seine Forschungen zur NS-Geschichte des Hamelner Zuchthauses aufnahm. Mit der Ausstellung im Amtsgericht hat er dem Unrecht Gesichter gegeben. Die Schicksale der politischen Gefangenen, Juden, Homosexuellen und als "Kriegstäter" Verurteilten zeigen eindringlich, dass der Nazi-Terror auch mitten in Hameln grausamer Alltag war. Gelderblom betont: "Das Hamelner Zuchthaus wird im Rahmen der Entschädigungsgesetzgebung mit einem KZ gleichgesetzt." Doch einen sichtbaren Hinweis in der Stadt auf dieses dunkle Kapitel der Geschichte vermisst der Experte. Schlimmer noch: "Im Jahre 1975 wurden auf dem Friedhof Wehl ohne jede Diskussion die Gräber von 306 Männern eingeebnet, die während der Kriegsjahre in dem Zuchthaus zu Tode gekommen waren." Und die baulichen Reste des Zuchthauses sind heute das Hotel "Stadt Hameln", in dem es keinen Hinweis auf die hier gestorbenen Menschen gibt. "Wann wird das Zuchthaus Teil des Gedächtnisses dieser Stadt?" fragt Gelderblom. "Wann fordert der Rat den Käufer des früheren Gefängnisses auf, eine Gedenktafel anzubringen?"
Mit seinen Forschungen und seiner Forderung hat Gelderblom die Verantwortlichen aufgerüttelt. Stadt-Sprecher Thomas Wahmes sagte auf Dewezet-Nachfrage: "Bernhard Gelderblom hat Recht: Ein Ort des Gedenkens an das Leiden unschuldiger Menschen, die im Zuchthaus Hameln inhaftiert waren und ums Leben kamen, fehlt in der Stadt." Zwar könne Hameln das Unrecht nicht ungeschehen machen – "doch ist es zumindest wichtig, die Erinnerung wach zu halten". Der Vorschlag, eine Gedenktafelaufzustellen, werde "wohlwollend geprüft". Denkbar wäre laut Wahmes, dazu die städtische Fläche im Grünbereich zwischen Hotel und Rattenfängerhalle zu nutzen: Früher stand dort der Zellentrakt. Hotelbetreiber Dieter Güse unterstützt dieses Vorhaben. Ein öffentlich zugänglicher Ort sei sinnvoller als eine Ecke im Innenhof des Hotels.
Am 27. September werden die SPD-Vertreter von Stadtrat und Kreistag Gelderbloms Ausstellung besichtigen – und dann auch vom Los sozialdemokratischer Häftlinge hören. Bürgermeister Herbert Rode und Fraktionschef Klaus Nolting wollen anschließend mit dem Historiker über eine Gedenktafel sprechen und später einen entsprechenden Antrag in den Rat einbringen. Unabdingbar sei es auch, die Grabstelle am Wehl zu pflegen und auch dort Zeichen zu setzen.
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