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Neue Westfälische 07 - Gütersloh , 03.02.2012 :

Explosion in den Morgenstunden / Heimatverein beschäftigt sich mit dem Thema "Kriegsjahre in Wiedenbrück"

Rheda-Wiedenbrück (id). Markante Bauwerke, Kirchen und besondere Fachwerkhäuser in Wiedenbrück tragen Schilder aus Glas, beschriftet mit Informationen über das jeweilige Gebäude. Einheimischen und Besuchern helfen diese Hinweise, auch ohne offizielle Stadtführung, mit der Stadtgeschichte vertraut zu werden. Ein Hinweis an dem Bürgerhaus an der Langen Straße Nummer 49 informiert über ein Ereignis des Zweiten Weltkriegs, das vor 57 Jahren tagelang für viel Aufregung sorgte.

Der Text auf der Gedenktafel lautet: "Wiedenbrück erlebte am klaren Sonntagmorgen des 28. Januars 1945 einen Fliegerangriff mit etwa 3 Bomben mittleren Kalibers, aber nur eine fiel in die Innenstadt auf einen freien Platz zwischen dem Haus Lange Straße 49 und dem Haus Lange Straße 51."

Obwohl alliierte Flieger schon zu Beginn des Krieges, öfter aber ab 1945 am Himmel von Wiedenbrück zu sehen und zu hören waren und Sirenen vor ihnen warnten, blieben die Bürger zumeist gelassen. Nur wenige suchten schützende Keller auf. Doch verursachte ein Bombeneinschlag an der Langen Straße große Ängste in Wiedenbrück. Zwar fiel die Bombe ins Leere, aber die Bewohner der Straße standen lange unter Schock.

Im Haus mit der Nummer 49, direkt neben dem freien Platz, der getroffen wurde, wohnten damals die Großeltern von Walter Brentrup. Das Paar saß gerade beim Frühstück und wurde durch die Explosion aufgeschreckt, blieb aber unverletzt. Nachbarn und Angehörige kümmerten sich um die betagten Menschen, erinnert sich Brentrup. Er erwarb das Haus später und machte es zum Wohnsitz seiner Familie. Der freie Platz nebenan wurde später bebaut und ist seit vielen Jahren Stätte des Mode-Fachgeschäftes "Pur" von Ehefrau Karin Brentrup.

Ging der Bombenabwurf in der Langen Straße noch glimpflich aus, forderten am selben Morgen die beiden weiteren Bomben, die auf die Breite Straße fielen, ein Menschenleben. Außerdem zerstörten sie zwei Wohnhäuser.

Was ein systematischer Bombenkrieg war, das erfuhren die Wiedenbrücker beim Großangriff auf die Westfalia-Werke am Sandberg. Horst Knöbel, der als Schüler den Angriff erlebte, berichtet von einer 80-prozentigen Zerstörung des Werkes, das damals Kriegsmaterial herstellte. "Acht Tage schwelten Brände", berichtet er.

Hans Schnieder, der zahlreiche Erinnerungen festgehalten hat, schreibt: "Der Angriff auf Westfalia fand am 22. Februar 1944 statt. Ich sah, wie die Bomben ausklinkten und im Steilflug zur Erde sausten." Nicht vergessen hat er die Tiefflieger, die plötzlich auftauchten und auf Passanten, Radler, Pferdegespanne auf dem Acker und einzelne Fahrzeuge schossen.

Wer weitere Informationen zur der Kriegszeit hat, sollte sich an den Arbeitskreis "Kriegsjahre in Wiedenbrück" des Heimatvereins Wiedenbrück-Reckenberg wenden. Der tagt unter Vorsitz von Manfred Schumacher an jedem ersten Donnerstag im Wiedenbrücker Schule Museum ab 18 Uhr.

Bildunterschrift: Gedenktafel: Erinnerung an den 28. Januar 1945.


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