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Mindener Tageblatt , 15.09.2004 :

Friedensleistung der Vertriebenen / Tag der Heimat: Verzicht auf Rache anerkannt / Festredner Koschyk attackiert Bundesregierung

Minden (by). "Dialog führen - Europa gestalten." Unter diesem Motto stand die Feierstunde zum "Tag der Heimat". Dazu hatte der Bund der Vertriebenen (BdV), Kreisverband Minden-Lübbecke, zusammen mit dem Kreis und dem Westfälischen Heimatbund in die Mindener Stadthalle eingeladen.

Mit dem "Tag der Heimat" wollen alljährlich die Vertriebenen, so Festredner Hartmut Koschyk (MdB), auch an das von ihnen erlittene Vertreibungsverbrechen und die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen erinnern. Der Vorsitzende der "Arbeitsgruppe Vertriebene und Flüchtlinge" der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion erinnerte daran, dass vor 50 Jahren die Charta der deutschen Heimatvertriebenen verkündet wurde, aus seiner Sicht ein wichtiges Dokument von hohem historischen Rang.

Mit der Charta sollte ein Zeichen der Versöhnung gesetzt und ein Bekenntnis zu einem vereinten Europa abgelegt werden. Die deutschen Heimatvertriebenen verzichteten auf Rache und Vergeltung. Sie versprachen weiterhin, durch harte, unermüdliche Arbeit am Wiederaufbau Deutschlands und Europas teilzunehmen. Dafür, dass sie bereit waren, den Teufelskreis von Rache und Vergeltung zu durchbrechen und sich auf friedlichen Wegen für die Anerkennung des Rechtes auf Heimat und für den Wiederaufbau und die Integration Europas einzusetzen, bekamen sie weltweit Anerkennung.

Der Festredner weiter: "Wie lange werden wir noch warten müssen, bis die verantwortlichen Politiker, Journalisten und Historiker jene Friedensleistung der Vertriebenen anerkennen? Wie lange muss man in Deutschland warten, bis die deutsche Regierung diese Leistung würdigt? Es ist klar, dass vieles nicht mehr so sein kann, wie vor der Vertreibung." Es stelle sich aber die Frage, wie die Deutschen gemeinsam mit ihren östlichen Nachbarn das gegenseitig zugefügte Unrecht aufarbeiten und zu einem guten europäischen Miteinander kommen können. Dabei gehe es nicht um Abrechnung, sondern um geschichtliche Wahrheit, um Heilung verletzten Rechtsgefühls und Wahrung der Identität.

Leider seien, so Koschyk, bei einigen östlichen Nachbarn noch Dekrete gültig, die Diskriminierung, Vertreibung und Enteignung als rechtmäßig bezeichneten. Scharfe Kritik äußerste er an der Bundesregierung, insbesondere am Verhalten des Bundeskanzlers, der sich bei seinem Besuch in Warschau "auf geradezu populistischer Weise" aus seiner Verantwortung gestohlen habe - durch Verurteilung derer, die den Staat beim Wort nehmen.

Kreisverbandsvorsitzender Joachim Sabock, der unter den Gästen auch Landrat Wilhelm Krömer begrüßen konnte, hieß ganz besonders ein Abordnung des Deutschen Freundeskreises Danietz, Kreis Oppeln/Oberschlesien willkommen, mit dem der Kreisverband bereits seit 1991 eine Patenschaft unterhält.

Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von der "Chorgemeinschaft Amt Wiehen". Das anschließende gesellige Beisammensein eröffneten Trachten- und Volkstanzgruppen der Landsmannschaften. Mit von der Partie waren auch die Kinder-Trachtengruppe Haddenhausen sowie der Musikzug Stadtmitte der Mindener Feuerwehr.


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