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Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische , 15.09.2004 :

Warnung vor plumpen Parolen / Gedenkfeier am Ehrenfeld der politisch Verfolgten

Bielefeld-Senne (cs). "Jeder dieser Männer vertrat seine Überzeugung noch in Lebensgefahr" – mit leiser Stimme sprach Pit Clausen gestern zu rund 25 Zuhörern am Ehrenfeld der politisch Verfolgten auf dem Sennefriedhof. Vertreter der Stadt, der Gewerkschaften, der SPD und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hatten zuvor ihre Kränze abgelegt, um an jene Bielefelder Arbeiter zu erinnern, die von den Nazis hingerichtet wurden.

Das Schicksal des Arbeiters Bernhard Zawaki ist eines unter vielen. Wegen "Zersetzung der Wehrkraft" wurde er angeklagt und zum Tode verurteilt. 1943 hatte er beim Kartenspielen mit Jugendlichen stolz darauf beharrt, im Herzen Kommunist zu sein. Ein Jahr später erging das Urteil, die Todesstrafe. Die Begründung: Feinde des Reiches können nicht geduldet werden. Bernhard Zawaki ist einer unter vielen. Zwölf Steintafeln erinnern an weitere Bielefelder, die 1944 umgebracht wurden.

"Er wurde hingerichtet, weil er aussprach, was er dachte", sagt Clausen, "das soll uns eine Warnung vor allen radikalen Parteien mit ihren plumpen Parolen sein". Den Unterschied zwischen den demokratischen Parteien – "abseits allen tagespolitischen Geplänkels" – und radikalen Gruppen stellt Clausen so heraus: "Der Mensch muss im Mittelpunkt jeder Politik stehen. Es darf sich nicht nur Leistung lohnen."

Für die heutige Zeit wagt Clausen keine Antwort zu geben, ob er dem Druck der Nazis nachgeben oder eine dagegen stehende Einstellung verteidigen würde: "Ich bete, dass sich diese Frage mir nie stellen wird."

Im Anschluss an das Gedenken zu Ehren der Bielefelder Hinrichtungsopfer gingen die Vertreter der ehemaligen Gewerkschaft Textil-Bekleidung (GTB) zum Grab des ersten GTB-Vorsitzenden Werner Bock, der vor vierzig Jahren an einer Krankheit starb.

Waltraud Hessedenz, ehemaliges Vorstandsmitglied, erinnerte an den Lebensweg des gebürtigen Geraers. "Werner Sommer hat für die Verkürzung der Arbeitszeit und die Erhöhung des Jahresurlaubs gekämpft. Er war eine große Persönlichkeit."


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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