Lippische Landes-Zeitung ,
08.10.2003 :
Nazi-Klänge in der Lagerhalle / RechtsRock-Konzert nicht zu verhindern
Bad Salzuflen (sk). Ein sogenanntes RechtsRock-Konzert haben sich Polizisten aus Lippe und Beamte vom Bielefelder Staatsschutz schon länger nicht mehr anhören müssen. Leitlinie ist, solche Veranstaltungen im Vorfeld einzudämmen, was kürzlich in Bad Salzuflen nicht klappte. Zu spontan war der als Privatfeier getarnte Abend in einer Lockhauser Lagerhalle einberufen worden. Der Polizei blieb die Präsenz vor der Tür, und die Stadt prüft nun, welche Strafen wegen Ordnungswidrigkeiten gegen den Veranstalter verhängt werden können.
Die Polizisten aus Bad Salzuflen und Bielefeld stellten sicher, dass von dem ohne Vorfälle verlaufenen Konzert mit mehreren Gruppen und etwa 120 Zuhörern keine Außenwirkung ausging. Wie die Abteilung der Bielefelder Polizeibehörde weiß, war Ausgangspunkt des kurzfristig organisierten Abends eine Neonazi-Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung in Dortmund.
Rechtliche Mittel, so der Staatsschutz, konnten auf die Schnelle nicht eingeleitet werden. Auch der lippische Polizei-Sprecher Peter Keil betont: "Von dem Konzert Ende September haben wir zu spät Wind bekommen. Keine der üblichen Maßnahmen konnten ergriffen werden." Beispielsweise spricht der Staatsschutz im Vorfeld ein ernstes Wörtchen mit Gastwirten über die Ausmaße des in ihrem Lokal drohenden Ereignisses. "Meistens", so ein Sprecher der Behörde, "blasen die die Sache dann schnell ab". Ein Auflösen der Versammlung in Lockhausen sei auch aus taktischen Gründen nicht angezeigt gewesen - Keil: "Auf der einen Seite braucht man eine rechtliche Handhabe, und auf der anderen bei mehr als 100 Rechten ein adäquates Gegengewicht an Einsatzkräften."
Dem Veranstalter des Konzertes in der angemieteten Lagerhalle "Am Speckenbach" an der Grenze zu Herford-Elverdissen dürften einige Bescheide wegen Ordnungswidrigkeiten ins Haus flattern. "Verstöße gegen die Gema-Verordnung, Ausschank ohne Genehmigung - da müsste es einiges geben", weiß Keil, und auch der Staatsschutz glaubt: "Der macht so schnell kein Konzert mehr."
Im Übrigen, so wissen die Bielefelder und die lippische Polizei, seien seit der Zerschlagung der Nationalistischen Front in Detmold Anfang der 90er Jahre rechtsradikale Tendenzen im Kreis rückläufig: "Auch an den Externsteinen", so Keil, "läuft die Präsenz von Rechten gegen Null". Konzerte mit Nazi-Bands seien hier im Grunde gar kein Thema, was landesweit nach Beobachtungen der Antifa-NRW allerdings anders aussieht. Es sei derzeit ein drastischer Anstieg zu verzeichnen. Allein 2002 habe jeden Monat ein Konzert mit bis zu 1.300 Besuchern stattgefunden. RechtsRock mit rassistischen und nationalistischen Inhalten sei zu einem der wichtigsten Ideologieträger für Neonazis geworden. Die Musik biete gute Chancen zur Agitation sowie zur Einbindung von rechten Jugendlichen in die Szene. Und letztlich stelle der Verkauf von CDs eine gern gesehene Einkommensquelle für neonazistische Gruppierungen dar.
Salzuflen@lz-online.de
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