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Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische , 01.09.2004 :

Grabstein-Stampfen im Fla / Kultur selbst gemacht, wie geht das eigentlich? – ein Jahr "Tombstone-Stomp" im Fla

Von Ralf Bittner

Herford. Alle zwei Monate, jeweils am vierten Samstag, pilgern düster gewandete Gestalten ins Fla. Die Party unter dem Motto "Tombstone Stomp" hat sich damit nach einem Jahr einen festen Platz im Terminkalender des selbstverwalteten Jugendzentrums erobert. Die Party ist ein Geheimtipp, der regelmäßig Besucher aus Bielefeld, Osnabrück, Münster und dem Ruhrgebiet an die Mindener Straße zieht.

Seit August 2003 organisieren die Bielefelder Maik Wissmann und Jan Ostheider diese Parties. "Klar gibt es andere Läden, in denen ähnliche Musik gespielt wird", sagt Wissmann. Das "Kick" hat samstags auch einen Raum für Gothics. "Die spielen da die elektronischen Spielarten der Gothic-Musik. Wir stehen eher auf die düsteren Bands, die ihre Wurzeln im Punk haben."

Da es keine Disco gibt, die ihre Musik spielt, entschlossen sie sich, selbst eine regelmäßige Party zu organisieren, wo sie auflegen können, was ihnen gefällt. "Bei der ersten Party waren etwa 50 Leute da", erinnert sich Ostheider. Inzwischen kommen bis zu 200.

"Von Bekannten hatten wir gehört, dass so etwas im Fla relativ problemlos machbar ist", sagt Ostheider. "Wir stellten auf der Hausversammlung unser Konzept vor und bekamen sofort eine Zusage." Das zur Musik passende morbide Ambiente und die richtige Größe wiegen für ihn den Nachteil der weiten Anreise für die Gäste auf. Im Juni hatten sie zum ersten Mal zwei Live-Bands zu Gast.

Bei allem persönlichen Einsatz sind die beiden auf Unterstützung von Freunden und Bekannten und von Mitarbeitern aus dem Fla angewiesen. Kasse, Thekendienst, Musik und Technik müssen organisiert sein.

Ein Partytag beginnt für die beiden gegen 16 Uhr nachmittags mit dem Aufstellen von Licht- und Tonanlage und Absprache der Thekenschichten. Nach einem Jahr läuft die Zusammenarbeit problemlos, kleinere Pannen lassen sich meistens schnell in den Griff kriegen.

Bei der letzten Party im Juni hatten die Fla-Mitarbeiter vergessen auf die geänderte Pfandregel hinzuweisen. An der Theke im Café wurden nur 10 Cent bezahlt, im Konzertraum gab es aber – entsprechend der alten Pfandregel – 50 pro Flasche zurück. Ein Verlust von 40 Cent pro Getränk mag lächerlich erscheinen, für selbstverwaltete Jugendzentren bedeutet in Zeiten dauernder Kürzungen der öffentlichen Unterstützung jeder verlorene Cent einen herben Einschnitt in die Arbeitsmöglichkeiten. Beim Fla kommt erschwerend hinzu, dass zum Jahresende der Mietvertrag ausläuft und jeder Euro für den Kauf eines Ersatzhauses benötigt wird.

Ausgerechnet an diesem Wochenende, an dem das Einjährige gefeiert werden sollte, kam es jedoch zu Abstimmungsschwierigkeiten. Die Party-Macher hatten übersehen, dass am Wochende des Vlothoer Umsonst & Draußen-Festivals das Fla geschlossen ist, und so auch der "Tombstone Stomp" nicht stattfinden kann. Die Absage des Festivals kam zu kurzfristig, um die Party doch noch zu organisieren.

Die Bielefelder Party-Macher kennen die Lage des Fla. Obwohl der Konzertraum im Fla zu mieten ist und der Gewinn dann an die Veranstalter gehen würde, entschieden sich die "Tombstone-Stomper" für die zweite Variante, bei der die Einnahmen komplett ans Haus gehen.

Parties aus Spaß an der Sache

"Wir machen unsere Parties just for Fun", sagen die Bielefelder einstimmig. "Wir freuen uns über jeden Euro, den unsere Parties zur Zukunft des Flas beitragen können." Das geht sogar so weit, dass sie bereit sind, Geld draufzulegen. Der erste Versuch, im Juni zwei Live-Bands zu präsentieren war so ein Abenteuer. Die "Triscuits", eine mit den Veranstaltern befreundete Band, spielte gegen Pizza, Getränke und Spritgeld, die zweite "Chibuku" war anteilig an der Abendkasse beteiligt.

"Wenns ganz schlecht läuft, müssen wir ihnen aus dem privaten Portemonnaie Geld geben, damit die wenigstens ihr Spritgeld rauskriegen", hatte Wissmann vor dem Konzert gesagt. Dazu kam es nicht, denn das Konzert war gut besucht, und die "Stomper" können daran denken, auch in Zukunft ab und zu Live-Bands zu präsentieren.

Ob das im Fla möglich sein wird, hängt davon ab, ob es gelingt, möglichst bald ein geeignetes Ersatzhaus zu finden. "Wir wollen wenn möglich im Fla bleiben", sind sich Wissmann und Ostheider einig. "Auch wenn das 2005 möglicherweise nicht mehr an der Mindener Straße, sondern an einer neuen Adresse sein sollte."


lok-red.herford@neue-westfaelische.de

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