|
Neues Deutschland ,
20.08.2004 :
In Bramsche beginnt die Anti-Lager-Tour
Von Reimar Paul
Heute beginnt im niedersächsischen Bramsche die zweiwöchige "Anti-Lager-Tour" von Flüchtlingen. Die Dauer-Demo, die sich an die "Flüchtlingskarawanen" und Protestcamps vergangener Jahre anlehnt, soll am 5. September in Eisenhüttenstadt zu Ende gehen.
Lager und Sammelunterkünfte erfüllten immer mehr die "Funktion der Ausgrenzung von Flüchtlingen", sagt Susanne Köhring von der Initiative "Kein Mensch ist illegal". Viele Menschen müssten hinter Stacheldraht und weitab vom nächsten Ort leben. Sie dürften nicht reisen und arbeiten, erhielten kaum soziale Unterstützung und nur unzureichende medizinische Versorgung. Hinzu komme die Demütigung durch ständige Verhöre und Vorladungen bei den Behörden.
In Bramsche, wo die niedersächsische Landesregierung in einer ehemaligen Kaserne ein Abschiebelager für bis zu 550 Flüchtlinge eingerichtet hat, wollen die Demonstranten zum Auftakt der Tour vier Tage in einem Zeltlager campieren. Das offiziell so genannte Ausreisezentrum beherbergt vor allem Menschen, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die lediglich über kurzfristige Duldungen verfügen. "Die medizinische Versorgung ist schlecht, zum Teil müssen bis zu sechs Flüchtlinge in einem Raum leben, täglich drohen Ausweisungen", kritisiert das Osnabrücker Bündnis gegen Abschiebungen. In einem offenen Brief schildern 38 tschetschenische Flüchtlinge ihre Situation in Bramsche: "Wir halten es nicht aus hinter Stacheldraht."
In Hannover, Berlin und Neuss wollen die Demonstranten vor Abschiebe-Gefängnissen demonstrieren. In Halberstadt (Sachsen-Anhalt), Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) und Eisenhüttenstadt sind wiederum Sammellager für Flüchtlinge das Ziel der Proteste, in Eisenhüttenstadt gibt es zudem einen weiteren Abschiebeknast. Die Lager in Halberstadt und Parchim liegen weit außerhalb von Ortschaften. In Parchim wird die von einem Stacheldrahtzaun umgebene Einrichtung für 200 Asylbewerber mit Videokameras und von Wachleuten mit Schäferhunden bewacht.
Infos: www.nolager.de
politik@nd-online.de
|