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Deister- und Weserzeitung ,
26.08.2004 :
Schlag gegen den Menschenhandel / Frauen zur Prostitution gezwungen
Holzminden/Hameln (ube). Die intensiven Ermittlungen im heimischen Rotlicht-Milieu dauerten 24 Tage – während dieser kurzen Zeit hatte die Sonderkommission "Herzblatt" der Polizei-Inspektion Holzminden genug Indizien und Beweise gegen zehn Beschuldigte gesammelt, um in den Landkreisen Holzminden und Hameln-Pyrmont eine groß angelegte Razzia durchführen zu können. Dienstagmorgen holten nahezu 100 Polizisten, Zoll- und Steuerfahnder zu einem Schlag gegen den organisierten Menschenhandel und die Zuhälterei aus. Zeitgleich um 8 Uhr stürmten die Beamten Häuser und Grundstücke in Halle, Kreipke und Kirchbrak sowie zwei Wohnungen in Salzhemmendorf. Zwei von Richtern ausgestellte Haftbefehle wurden vollstreckt: Im Haller Ortsteil Kreipke konnte ein 51-jähriger Mann – er gilt als Kopf eines kriminellen Netzwerkes und ist bereits einschlägig in Erscheinung getreten – dingfest gemacht werden. Nicht anders erging es einem 28-Jährigen in Halle. Vier Verdächtige nahm die Polizei vorläufig fest, vier weitere wurden umfangreich vernommen. Die zehn Beschuldigten (vier Frauen, sechs Männer) sind zwischen 24 und 58 Jahre alt. Gegen eine 28-Jährige erließ ein Richter gestern Haftbefehl.
Die Soko "Herzblatt" ermittelt wegen schwerer Straftaten. Die in den Haftbefehlen aufgelisteten Vorwürfe lauten unter anderem: Einschleusung von Ausländern, Ausbeutung durch Prostitution, Zuhälterei, schwerer Menschenhandel. Die Polizeibeamten stellten unter anderem fünf so genannte Love-Mobile sicher. In diesen Wohnwagen mussten Osteuropäerinnen ihre Körper verkaufen. Standplätze waren die Bundesstraße 1 bei Afferde, die B 83 zwischen Hehlen und Grohnde sowie die B 3 bei Alfeld und Banteln.
"Die Kollegen haben umfangreiches Beweismaterial sichergestellt", sagte gestern Polizeihauptkommissar Henning Stille. Neben Geld seien auch Urkunden und Dokumente gefunden worden. Darüber hinaus wurden drei Autos der Tatverdächtigen und die fünf Love-Mobile abtransportiert. Offenbar wurde auch nach Waffen gesucht. Drei der vier eingesetzten Hunde aus Hameln, Goslar, Göttingen und Garbsen sind Sprengstoffspürhunde.
"Nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen der Ermittlungsgruppe sind Frauen aus Polen und Russland unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Deutschland geholt worden", sagte Stille. In mindestens zwei Fällen wurden so genannte Scheinehen mit Deutschen eingegangen. Grund: Die Polinnen wurden geheiratet, um ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik zu legalisieren. "Anschließend wurden diese Opfer mit Drohungen und Schlägen zur Prostitution gezwungen und gnadenlos ausgebeutet", berichtete Hauptkommissar Stille. Aufgrund persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit (die Pässe wurden den Frauen abgenommen) gab es für die Opfer keine Möglichkeit, aus dem Milieu zu fliehen.
Die Auswertung des Beweismaterials werde sicher noch Tage in Anspruch nehmen, hieß es.
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