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Lippische Landes-Zeitung ,
24.08.2004 :
Aus dem Vollen schöpfen / Fünfte Ausgabe der "Zeitlupe" erscheint im Herbst
Lage (be). Sorgen um Themen brauchen sie sich nicht zu machen. Lages Geschichte erweist sich für die publizistische Arbeit der beiden Historiker Dr. Hans C. Jacobs und Christina Pohl als schier unerschöpfliches Füllhorn. Zum fünften Mal erscheint in Kürze das von ihnen herausgegebene Jahrbuch "Zeitlupe", randvoll mit Geschichte und Geschichten, die namhafte Autoren recherchiert und leserfreundlich aufbereitet haben.
Der frühere Vorsitzende des Lippischen Heimatbundes, Ortsverein Lage, Wolfgang Deppe, nimmt sich gleich zu Beginn der "Zeitlupe 2004" eines unbequemen Kapitels an: der Geschichte des jüdischen Friedhofs in Lage. Wer heute die Begräbnisstätte besucht, deren Ursprünge bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts, zurückreichen, findet eine geschlossene Anlage vor, auf der nach 1938 keine Beisetzungen mehr stattfanden.
Auf dem denkmalgeschützten, birkenbestandenen Gräberfeld befinden sich noch etwa hundert Grabsteine. Dieser Friedhofsteil bildet mit seinen 1789 Quadratmetern nur gut die Hälfte des ursprünglichen Friedhofsgeländes. Der 1161 Quadratmeter große westliche und ältere Teil wurde Ende der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts abgeteilt. Ein Lagenser erwarb seinerzeit das Grundstück als Weideland. Seitdem ist es in Privatbesitz. Der Heimatbund setzt sich dafür ein, die zur Anlage eines Hohlweges verwendeten Grabsteine ausfindig zu machen und wissenschaftlich zu sichern.
28 Jahre lang wirkte in der Zuckerstadt ein Mann, der, obwohl sein Einfluss nicht unbedeutend war, heute weitgehend vergessen ist: Carl Theodor Kaßpohl. Axel Wilke beschäftigt sich in seinem Aufsatz mit dem Kantor und Volksschullehrer, der von 1850 bis 1878 in Lage lebte. Durch die Ereignisse des Jahres 1848 beeinflusst, wurde der Mitbegründer des Turnvereins Lage zu einem Verfechter der Demokratie und trat unermüdlich für die Verbesserung des Schulwesens ein. Kaßpohls Bemühungen um eine zeitgemäße Volksbildung, die er als Grundlage der Demokratie betrachtete, fanden aber immer wieder ihre Grenzen in seiner Abhängigkeit vom lippischen Konsistorium und seiner eigenen drückenden wirtschaftlichen Situation.
In den letzten Wochen des zweiten Weltkrieges begannen Arbeiter in Lage mit dem Bau einer Umgehungsbahn, der so genannten "Gummibahn". Fertiggestellt wurde die geplante provisorische Umgehung der Eisenbahnanlagen nie. Konrad Soppa beleuchtet dieses nahezu unbekannte Kapitel der jüngeren Stadtgeschichte. Christina Pohl und Dr. Hans C. Jacobs haben im Stadtarchiv einen interessanten Beitrag ausfindig gemacht. Bürgermeister Johann Hermann Hellmeyer schreibt in seinem Bericht, wie er die Einflüsse des Siebenjährigen Krieges (1756 bis 1763) in der Stadt erlebte. Da die originale Sprache nur schwer verständlich ist, haben die beiden den Text in modernes Deutsch übersetzt.
Abgerundet wird die fünfte Ausgabe der "Zeitlupe" wieder von Chroniken aus dem Jahre 1904 und des Zeitraums von Juni 2003 bis Mai 2004. Den Mitgliedern des Heimatbundes wird das gelungene Werk bei ihrer Hauptversammlung am 9. Oktober in Heiden vorgestellt.
lage@lz-online.de
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