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Lippischer Anzeiger , 01.08.1990 :

Schötmaraner errichten Zäune gegen Asylbewerber in der Erich-Kästner-Schule / Bürgerinitiative soll bald zur Bürgerwehr werden - Anwohner haben sich bewaffnet

Bad Salzuflen. Ihre Zahl wächst ständig weiter an, ihr sozialer Verhalten wird immer unmenschlicher, die massiven Beschwerden häufen sich und im Rathaus herrscht Hilflosigkeit - die Rede ist hier von den etwa 300 Roma und weiteren Rumänen, die derzeit in der Erich-Kästner-Schule im Herzen Schötmars hausen. Die Asylbewerber sind nicht über die Zentralstelle in Unna zugewiesen worden, sie haben sich auf eigene Faust in der Salzestadt angesiedelt. Und der städtischen Verwaltung bleibt nach den gegenwärtigen gesetzlichen Grundlagen nichts anders übrig, als brav die Sozialhilfe zu zahlen und Unterkünfte für die ungebetenen Gäste bereitzustellen. Doch inzwischen ist die Situation unerträglich geworden: Das asoziale Verhalten der Roma lässt die Schötmaraner Bürger näher zusammenrücken, es werden riesige Bauzäune zum Schutz vor den Fremden rund um die Grundstücke gezogen und die Polizei geht davon aus, dass sich die ersten Anlieger bereits bewaffnet haben - das Gespenst von der Bürgerwehr, die sich gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Asylbewerbern stellt, geht um in Schötmar.

70 Prozent der Polizeieinsätze gelten in Bad Salzuflen mittlerweile den Roma. Dabei geht es um Diebstahl, hartnäckige Belästigung, Schlägereien, Ruhestörung oder allzu aufdringliche Bettelei. Doch die Polizei ist machtlos: Zwar geht sie davon aus, dass die meisten Güter der Asylbewerber geklaut sind, doch Zugriffsmöglichkeiten gibt es so gut wie keine. Schnell verbreitete sich in der Salzestadt die Kunde von dem Asylbewerber, der sich für 15.000 Mark (!) Gold gekauft hat ... Ertappte Asylbewerber werden zur Feststellung der Personalien festgehalten, können aber wegen eines Diebstahls weder in U-Haft genommen noch ausgewiesen werden.

Wenig menschliche Züge trägt das Verhalten der Asylbewerber: Da wird die Notdurft in den Parks oder Gärten der Anlieger entrichtet, der Müll wird abgeladen, nächtelange Feste gefeiert und sogar vor öffentlich betriebenem Geschlechtsverkehr schreckt niemand zurück. Verhalten, das man nicht dem anderen Kulturkreis anlasten kann, sondern einfach als völlig fehlender Integrationswille zu deuten ist.

Unklar ist derzeit, wie es weiter gehen soll: Die Erich-Kästner-Schule wird schon allein aus hygienischen Gründen nicht mehr lange als Unterkunft dienen können - Zeltlösungen sind im Gespräch. Der Zuzug weiterer Sippenangehöriger dürfte wohl nicht zu verhindern sein, Ausweisung kommt nicht in Frage und der Zorn der Anlieger hat einen Punkt erreicht, wo es bis zum offenen Bürgerkrieg nicht mehr weit ist ...

Der Zorn der Anlieger ist verständlich, doch solange er sich gegen die kommunale Verwaltung oder die Politik vor Ort richtet, trifft er die Verkehrten. Die Schuldigen für die Misere sitzen in Bonn und vor allem in Düsseldorf: War es nicht NRW-Sozialminister Heinemann, der andeutete, Asylbewerbern könne im bevölkerungsreichsten Bundesland nach fünf Jahren Aufenthalt vielleicht ein Bleiberecht eingeräumt werden? Seitdem kommen sie zu Tausenden in das sozialdemokratische regierte Land und da die übrigen Bundesländer in Sachen Bleiberecht nicht mitziehen, wirkt NRW auf die Asylbewerber wie eine Insel der Seligen. Doch wer glaubte, die Landesregierung würde den liberalen Zeichen auch konkrete sachliche oder finanzielle Hilfen für die leidtragenden Kommunen folgen lassen, sieht sich jetzt schwer enttäuscht - die Stadtverwaltung steht im Regen, wenn sie verzweifelt nach sozial verträglichen Unterbringungsmöglichkeiten sucht. Wann also lassen sich die Landtags- und Bundestagsabgeordneten mal vor Ort blicken und genießen die aufgeheizte Stimmung rund um die Erich-Kästner-Schule?

Bei allem verständlichen Unmut der Schötmaraner Bürger liegt die eigentliche Gefahr des schwelenden Konflikts in einer langsam wachsenden diffusen Ausländerfeindlichkeit, die eines nicht mehr fernen Tages keinen Unterschied mehr macht zwischen diesen (!) asozialen Roma und anderen zwar dunkelhäutigen aber zivilisierten Asylbewerbern. Die Rufe nach der sofortigen Ausweisung der ungebetenen Gäste sind verständlich, doch höhlen sie unter so wichtiges Asylrecht in seiner allgemeinen Akzeptanz langsam aus. Hier gilt es zu differenzieren zwischen denen, deren Leben durch das bei uns gewährte Asyl gerettet werden könnte und denen, die sich auf dem Asylrecht ausruhen und es rotzenfrech ausnutzen ...

Stefan Boddenberg


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