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Internationales Beratungszentrum , 05.06.2002 :

Redebeitrag auf der Kundgebung "Bleiberecht für Familie Sit!"

Einen schönen guten Tag,

ich begrüße Sie und euch sehr herzlich zu dieser Kundgebung!

Mein Name ist Gudrun Lagemann und ich spreche für das Detmolder Internationale Beratungszentrum. Das ibz ist eine unabhängige Anlaufstelle sowohl für Flüchtlinge - als auch für Migrantinnen und Migranten. Wir helfen zum Beispiel bei Anträgen auf Asyl oder Einbürgerung, vermitteln Kontakte in sozialen Belangen und leisten Öffentlichkeitsarbeit bei rassistischen Diskriminierungen. Das Ziel unseres Engagements lässt sich einfach beschreiben: Wir treten für die Gleichberechtigung aller Menschen ein.

Liebe Freundinnen und Freunde,
die Würde des Menschen ist antastbar geworden, das Recht auf Asyl eine Farce. Es war und ist höchste Zeit, dass sich der Protest gegen die seit Monaten sich verschärfende Gangart der Detmolder Ausländerbehörde formiert.

Es reicht aber nicht aus, dass wir uns mit einer kleinen Kundgebung für den Schutz von Flüchtlingen einsetzen. Dringender denn je ist es geboten und erforderlich, darauf zu achten, wie in dieser Stadt mit Asylsuchenden umgegangen wird.

Dort, wo Flüchtlinge durch bürokratisches Handeln fahrlässig gefährdet werden, sind ohne Wenn und Aber alle Vorkehrungen zu treffen, diese Menschen zu schützen.

Nie wieder darf zum Beispiel ein Mensch gegen den eindeutigen fachärztlichen Befund zu einer Botschaftsvorführung gezwungen werden - ein Suizidversuch muss für alle Zeiten als Warnung reichen!

Der Familie Sit hätte schon lange vor der korregierenden Gerichtsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster viel Leid erspart werden müssen. Die ausländerrechtliche Handhabe war hierfür zu jedem Zeitpunkt gegeben.

Das Asylrecht ist das allerletzte Menschenrecht, wenn bereits alle anderen gebrochen wurden. Es ist ein Indikator für die Humanität der Gesellschaft. Die tragische Situation der Familie Sit zeigt noch einmal anschaulich die Notwendigkeit menschlichen und nicht nur bürokratischen Handelns.

Herr Bürgermeister Brakemeier: Sie sind aus rechtlichen Gründen nicht daran gehindert, Entscheidungen zu Gunsten von Flüchtlingen zu treffen. Unverständliche Abschiebeandrohungen Ihrer Behörde können korregiert werden. Die Stadt Detmold ist hier und heute gefordert, nach humanitären Maßstäben zu handeln.

Liebe Freundinnen und Freunde,
machen wir es uns völlig klar: Damit die vorhandenen Ermessensspielräume konsequent im Sinne der betroffenen Flüchtlinge genutzt werden, bedarf es weiterhin engagierten öffentlichen Druckes!

Der Einsatz für die Rechte von Flüchtlingen hat Kraft und Aufmerksamkeit beansprucht und tut es weiterhin. Die langen Phasen der Anstrengungen und das Ausbleiben sichtbarer Lösungen darf nicht zu Hoffnungslosigkeit führen. Mental hat sich in den Köpfen der mit Flüchtlingen solidarischen Menschen die Vorstellungswelt der Flüchtlingsgegner und -gegnerinnen festgesetzt. Davon gilt es sich in einem entscheidenden Schritt nach vorne zu befreien. Deshalb ist es so wichtig, die Hoffnung, den langen Atem und den Mut nicht zu verlieren.

Die Hoffnung ist ein großer Verbündeter, sie kann Menschen motivieren und gewinnen. Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für die körperliche und seelische Unversehrtheit von schutzsuchenden Flüchtlingen ist dringend nötig. Ohne die beherzte Initiative einer solch engagierten Bürgerin, die Herrn Sit nach der Botschaftsvorführung am 8. Mai in die Detmolder Klinik brachte, wäre der Vater einer zwölfköpfigen Familie jetzt tot. Daran kann auch die Stadt Detmold mit all ihren bürokratischen Rechtfertigungen nicht vorbei.

Ich wiederhole es hier noch einmal: Die Detmolder Ausländerbehörde ist gefordert, nach humanitären Maßstäben zu handeln. Die ohne jeden Zweifel vorhandenen Spielräume müssen konsequent zu Gunsten der Flüchtlinge genutzt werden.

Solange diese selbstverständlichen, menschenrechtlich-demokratischen Positionen durch Verleugnung der Verantwortung ignoriert werden, sagen wir auch hier und heute öffentlich:

Wir werden uns auch weiterhin schützend vor die von Abschiebung bedrohten Menschen stellen und bei geplanten Ausweisungen zivilen Ungehorsam verantwortungsvoll in die Wege leiten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


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