Lippische Landes-Zeitung ,
05.02.2002 :
Zum Geburtstag die Abschiebung / Erster Blomberger Flüchtlingsabend - Pastorin Rosenhäger: "Miteinander ins Gespräch kommen"
Blomberg (sb). Mit zehn Jahren kam Hassib Sadat mit seinen Eltern und Geschwistern nach Deutschland. Acht Jahre lang lebte er in Blomberg, ging zur Schule, absolvierte Praktika und fand deutsche Freunde. Im Sommer nun wird Hassib 18 - dann droht ihm die Abschiebung nach Afghanistan. Ein Schicksal, das beim ersten Blomberger Flüchtlingsabend im evangelisch-reformierten Gemeindehaus zur Sprache kam..
"Wir wollen miteinander ins Gespräch kommen. Dies ist nur der Anfang", erläuterte Pastorin Ursel Rosenhäger die Idee des Abends, zu dem die Kirchengemeinde und der Interkulturelle Verein eingeladen hatten. Im Hintergrund brodelte der Tee im Samowar, Mandeln, Nüsse, Rosinen standen auf den Tischen, als Hassib seine Geschichte erzählte.
Lange hat auch das Asylverfahren der Eltern gedauert, inzwischen ist das Ehepaar anerkannt, erläuterte Vater Said Ismail Sadat. Frank Brinkmeier, Mitglied des Kirchenvorstands und als Rechtsanwalt häufig in Kontakt mit Flüchtlingen, kennt die Problematik: Erst nach einer höchstrichterlichen Entscheidung im Sommer 2000 habe die Bundesrepublik die Verfolgung durch die Taliban anerkannt. Doch Hassib wird dies vermutlich nichts mehr nützen: Die positive Entwicklung in seiner Heimat führt dazu, dass die Deutschen einen Entscheidungsstopp für Afghanen verhängt haben.
Auch die kurdische Familie Düz lebt seit sieben Jahren mit einer unsicheren Zukunft in Blomberg. Mit 16 Jahren kam das Ehepaar nach Deutschland. Für Visa und Flugtickets zahlten die beiden einer Schlepperbande 7000 Mark. In dem Heimatdorf Ide sei die Familie gefoltert worden, denn der Vater - ein kleiner Lebensmittelhändler - habe die PKK unterstützt und mit Nahrung versorgt. Doch die Chancen, mit den drei kleinen Kindern in Deutschland bleiben zu können, stehen schlecht. Vier Asylanträge seien bereits abgelehnt worden, erzählt der 23-Jährige.
"Die unsichere Situation über Jahre hinweg ist integrationshemmend, die Menschen finden schwieriger Arbeit und auch die Sozialisation ist schwierig", so Brinkmeier. Ein Teufelskreis, denn die Ausländerbehörde tue sich natürlich leichter mit der Abschiebung von Asylbewerbern, die keine Arbeit hätten und die deutsche Sprache nicht beherrschten, verdeutlichte Sozialarbeiter Andreas Krumme.
Einig waren sich alle, dass Asylanträge grundsätzlich schneller entschieden werden müssten. Und selbst die Integration der Ausländer - vor allem der Türken - sei in Blomberg geglückt, meinte Jutta Streffing vom Interkulturellen Verein. Und wurde dabei unterstützt von einem, der es wissen muss: Güngör Özcehkòglu, Besitzer eines Döner-Imbisses und seit Jahrzehnten in Blomberg.
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