Schaumburger Zeitung ,
10.11.2001 :
Jüdische Synagoge wird neu gebaut – an der alten Stelle!
Hameln (tw). Eine historische Entscheidung: 63 Jahre nach Zerstörung ihres Gotteshauses in der Reichspogromnacht will die "Jüdische Gemeinde Hameln e.V." an der Bürenstraße eine neue Synagoge – die erste ihrer Art im Nachkriegs-Deutschland – bauen. Die Stadt will der Gemeinde das Grundstück zu einem "sehr fairen Preis" (OB Klaus Arnecke) überlassen.
Die künftige Synagoge soll – neben den Sakral-Räumen – auch ein Begegnungszentrum und ein kleines Museum beherbergen. "Der Grundstückspreis beträgt exakt die Summe, die wir selbst in unserem Synagogen-Baufonds zusammengespart haben", freut sich Rachel Dohme, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, in einer Mitteilung an die Mitglieder; Mittelpunkt des Lebens ihrer 160 Angehörigen sind bislang provisorische Räume im zweiten Stock des Hauses Stubenstraße 30 (Ritterpassage). Dem Vernehmen nach soll sich der Kaufpreis an der Summe orientieren, die die Stadt der früheren Gemeinde im Gefolge der Reichspogromnacht (9. November 1938) als "Entschädigung" für die von Nationalsozialisten in Brand gesteckte Synagoge zahlte – und von der sie sich damals auch noch die Kosten für den Abriss der Ruine abzog. Klartext: Die damalige "Entschädigung" war ein Pappenstiel. "Die sehr faire Summe, die wir jetzt für das Grundstück verlangen, trägt der besonderen Bedeutung des Neubaus Rechnung", sagt Oberbürgermeister Klaus Arnecke. An den Baukosten der Synagoge selbst will die Stadt sich laut Arnecke nicht beteiligen. Allein der Verwaltungsausschuss muss der Grundstücks-Veräußerung noch zustimmen. Indes: "Unser Geld reicht (für den Neubau) nicht aus", sagt Rachel Dohme. Die Vorsitzende ist dankbar, dass die Rabbinerin David und die "Jewish Appleseed Stiftung" bei der Spendensammlung helfen. Auch handwerklich begabte Gemeindemitglieder wollen sich einbringen.
Die Jüdische Gemeinde Hameln ist Mitglied der Union progressiver Juden in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie Mitglied der Weltunion progressiver Juden. "Der Neubau", sagt Rachel Dohme, "wird die erste Reform-Synagoge im Nachkriegs-Deutschland sein". Mit Arnecke freut sich auch Bernhard Gelderblom. Der Geschäftsführer der Christlich-Jüdischen Gesellschaft: "Ich bin richtig glücklich, dass es zu dem Neubau kommt – besonders an diesem historischen Ort." Arnecke: "Der Kinderspielplatz, der sich zur Zeit auf dem Areal an der Bürenstraße befindet, wird verlegt." Das jüdische Mahnmal selbst müsse dagegen nicht versetzt werden. Das frühere Lehrerhaus, das die Gemeinde nicht miterwirbt, bleibt im Privatbesitz und damit stehen.
10./11.11.2001
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