Schaumburger Zeitung ,
16.11.2001 :
Neue Synagoge wird ein Ort der Begegnung für alle Hamelner
Hameln/Seesen (tw). Die "Jüdische Gemeinde Hameln e.V." hat die Pläne für den Neubau der Synagoge an der Bürenstraße (Gesamtkosten drei Millionen Mark) präsentiert: Die Front erinnert an die Fassade des Gotteshauses, das Nationalsozialisten in der Reichspogromnacht 1938 niederbrannten. Im Frühjahr 2002 soll der Grundstein gelegt werden.
"Das Projekt wird im Dezember auf der Tagung des 'Nordamerikanischen Reformjudentums' in Boston vorgestellt", sagt Rachel Dohme (49). Die Hamelner Gemeindevorsitzende: "Die neue Synagoge soll ein Ort des Lernens, Betens und der Toleranz werden, der allen Bürgern offen steht." Für die Fassade – mit einem Davidstern im Giebel – ist Obernkirchener Sandstein vorgesehen. Sie wird flankiert von zwei gläsernen Türmen und den (noch vorhandenen) zwei Alt-Bäumen. Auf dem Dach befinden sich, ebenfalls in Anlehnung an die Alt-Synagoge, drei Fähnchen. "Ich bin mir sicher", sagt Rachel Dohme, "dass der Neubau gut ins Hamelner Stadt- und Straßenbild passen wird". Im Inneren des Gotteshauses geplant: Eine Werkstatt mit "Mikwa" (rituelles Tauchbad in Davidstern-Form) im Keller; in der Werkstatt wollen die bislang 170 Gemeindemitglieder jüdische Kultus-Gegenstände fertigen, deren Verkaufserlös für den Unterhalt des Gebäudes bestimmt ist. Ein als Mehrzweckraum nutzbarer Betsaal, Geschenkeladen sowie eine Küche und ein Büro liegen im Erdgeschoss. Der erste Stock soll ein "Museum der Toleranz" , eine Bibliothek, Klassenräume und weitere Büros beherbergen. Der zweite Stock Gäste- und ein Spielzimmer. Die Pläne hat ein heimischer Architekt gemeinsam mit der Gemeinde erarbeitet. Übrigens kostenlos. Rachel Dohme: "Eine erste Großspende haben wir bereits – ein Reformjude und Rechtsanwalt aus Manhattan (USA) hat 100.000 Mark gestiftet." Weitere Gelder sollen mit Hilfe von Papp-Sparbüchsen eingeworben werden, von denen die "Jewish Appleseed Stiftung" dank der Rabbinerin Jo David allein in den USA mehr als 1.000 in Umlauf gebracht hat; die Spenden werden zunächst auf ein Konto der Hamelner Gemeinde in Amerika eingezahlt. Besondere Werbe-Einfälle: Eine Sparbüchse in Gestalt der einstigen jüdischen Synagoge (jetzt Jacobson-Gymnasium) in Seesen/Harz, die vor 200 Jahren Ursprung der Reform-Gemeinden war und an deren Tradition die Hamelner anknüpfen. Und: Ein Mouse-Pad, mit dem Aufdruck eines Rattenfängers und einer Ratte, die eine "Kippa" (jüdische Kopfbedeckung) trägt. Beide Artikel sind in der Jüdischen Gemeinde, Stubenstraße 30, für 45 beziehungsweise 20 Mark zu haben.
Auch dieses Geld ist für den – inclusive Mobiliar – rund drei Millionen Mark teuren Synagogen-Bau bestimmt. Der sei auch deshalb nötig, sagt Rachel Dohme, weil die Gemeinde in den rund 100 Quadratmeter umfassenden Räumen in der Stubenstraße nur noch einen – bislang immer wieder verlängerten – Monats-Mietvertrag habe. Die Zukunft also ungewiss sei. Wie bereits berichtet, will die Stadt der Gemeinde das rund 600 Quadratmeter große Synagogen-Grundstück Bürenstraße für ein geringes Entgeld abtreten. Der dortige Kinderspielplatz soll verlegt werden, das vorgelagerte jüdische Mahnmal dagegen an seinem Platz bleiben.
Spendenkonto für den Synagogen-Neubau: Dresdner Bank, BLZ 254 800 21, Konto-Nr. 44 34 03 22 02.
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