Deister- und Weserzeitung ,
24.09.2002 :
"Sukkoth" – Erntedank für Freunde
Hameln (tac). Schon den ganzen Tag zog reges Treiben auf dem Grundstück der Jüdischen Gemeinde Hameln an der Bürenstraße Passanten an. Einige Gemeindemitglieder hatten am Morgen begonnen, aus Holzlatten das Grundgerüst einer Hütte zu erstellen.
Das Dach bildete ein Netz, auf das Zweige gelegt waren. Bis zuletzt waren Mitglieder damit beschäftigt, Leinen um die Hütte zu ziehen, an denen israelische Flaggen und kleine Bilder mit Früchten angebracht wurden. Während Rachel Dohme, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, den Tisch in der Hütte schmückte, organisierte Christa Bruns von der Christlich-Jüdischen Gesellschaft Stühle aus der reformierten Kirche. Dann konnte Sukkoth beginnen. Sukkoth ist der hebräische Name des Laubhüttenfestes, des dritten und größten jüdischen Pilgerfestes. Es erinnert an die Israeliten, die Gott in Laubhütten wohnen ließ, als er sie aus Ägypten führte. Bei diesem Erntefest hingen normalerweise verschiedene Früchte vom Dach der Hütte, Sukka genannt. Sie muss mindestens drei Wände haben, die aus Holz, Matten oder Zeltwänden bestehen können, und darf nicht unter einer Bedachung oder einem Baum stehen. Ferner muss das Dach aus zusammengebundenen Zweigen und Laub bestehen.
Wichtiger war jedoch, "dass erstmals seit 64 Jahren eine Sukka auf historischem Boden errichtet wurde, auf dem bis zu ihrer Zerstörung 1938 die Hamelner Synagoge stand", verkündete Rachel Dohme. Rebekka Dohme zündete die Kerzen an und stimmte in der Stille ein Lied an. Kantor Francois Lilienfeld, der den Gottesdienst leitete, nahm den Lulaw – bestehend aus einem Palmenzweig, drei Myrten- und zwei Bachweidenzweigen, die zusammengebunden waren, und einer Zitrusfrucht – in die Hand, schüttelte ihn in alle Richtungen. Das Schütteln der Früchte weise darauf hin, dass Gott für alle Menschen in der Welt sorgt, so der Kantor. Im Anschluss wurden Brot, Wein und Traubensaft gereicht. Muslimische Kinder, die am Zaun standen, ließen sich von Petra Goldman-Lilienfeld überreden, in die Sukka zu kommen. "Es ist ein Fest, zu dem Freunde und Nachbarn eingeladen sind", sagte Rachel Dohme. Vor dem Fest habe sie mit den Toten gesprochen, an die eine Tafel auf dem Synagogenplatz erinnert. "Ich habe heute Abend ihre Seelen gespürt. Dieses Sukkoth an diesem Ort war in ihrem Sinne."
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