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Lippische Landes-Zeitung , 31.07.2004 :

"Hexen" in Detmold / Verfolgung von 1599 bis 1669

Kreis Lippe/Detmold (gt). Während über die Hexenprozesse in Lemgo zahlreiche stadtgeschichtliche Forschungsarbeiten existieren, liegen für die in Detmold kaum Unterlagen vor. Waren es in Lemgo 209 Hexenprozesse, so lag Detmold mit mindestens 20 Verfahren vor den übrigen lippischen Städten Lage, Barntrup und Horn. Das Buch "Hexen in Detmold" befasst sich ausführlich mit den vielschichtigen Voraussetzungen der Detmolder Hexenverfolgungen.

Der Dreißigjährige Krieg stürzte die Grafschaft und die Stadt Detmold in eine Zeit demographischer und wirtschaftlicher Regression, in der die Menschen Schadenszauber und Sündenböcke brauchten, um handlungsfähig zu bleiben und nicht in lähmende Resignation zu verfallen (1653/54). Die zweite Prozesswelle zwischen 1657 und 1661 wurde maßgeblich durch innerfamiliäre Streitigkeiten getragen. Der Hauptteil des Buches analysiert die Detmolder Prozesse:

- Wer waren die Objekte des Schadenszaubers? Schadenszaubervorwürfe waren z. B. die Erkrankung oder der Tod eines Erwachsenen oder eines Kindes sowie auch der Tod von Haustieren.

- Individuelle und gesellschaftliche Konfliktbereiche (Familien- oder Nachbarschaftsstreit, abweichendes Verhalten usw.). In Detmold lagen z. B. drei Prozesse vor, bei denen Frauen wegen Zauberei verurteilt wurden, da sie Heiratsversprechen beeinflusst hatten.

- Die Beteiligten im Hexenprozess (Angeklagte, Ankläger, Zeugen). So wird z. B. von einem Schulmeister berichtet, der in der zweiten Verfolgungswelle gleich sechsmal als Zeuge in Erscheinung trat, einer von zahlreichen fanatischen "Mehrfach"-Zeugen.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden in immer größerem Umfang auch Heranwachsende der Hexerei angeklagt In Detmold wurden insbesondere Kinder interniert, deren Eltern oder andere Familienmitglieder in vorherige Prozesse verwickelt waren. Wegen Zauberei verurteilte Kinder, die das 14. Lebensjahr überschritten hatten, wurden hingerichtet.

Kinder zwischen 5 und 11 Jahren seien "zu bekehren undt nicht dem Richter zu verurtheilen untergeben ... zu welcher behülff die hohe Gnädige Landts Obrigkeit nach dero gnädigen belieben undt versorung ein hauß an einem orte erbauen lassen könte, darinen ihr Schulmeister tag undt nacht bey Ihnen verpleiben, Sie zum Catechismo andechtigen eiferigen gebeth, singen, undt steter arbeit so lang halten könte, biß man ein recht Zeugmaß wahrer buß undt bekehrung oder halstarrigkeit vermercken würde."

Die Kosten für diese Internierung mussten die Eltern tragen. Am Ende des Buches findet man Übersichtskarten der Hexentanzplätze in Detmold und der näheren Umgebung.

Ingo Koppenborg, "Hexen in Detmold", Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004.

31.07./01.08.2004
detmold@lz-online.de

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