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Schaumburger Zeitung , 31.07.2004 :

Unter Hermann Göring wird das Bad zur Jägerschmiede / Kurpark wird 1941 für die Flugzeug-Konstruktion beschlagnahmt / Erste Wanderung durch die Eilser Geschichte

Samtgemeinde Eilsen (sig). Die Christuskirche, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf einer grünen Wiese an der Bahnhof- und Friedrichstraße entstand, war Ausgangspunkt des ersten "Historischen Rundgangs" durch Eilsen, zu dem der Chef des Heimat- und Kulturvereins, Friedrich Winkelhake, eingeladen hatte. 20 Männer und Frauen beteiligten sich an der Wanderung, die interessante Einblicke vermittelte.

Winkelhake berichtete, dass für die Christuskirche ursprünglich ein anderer Standort geplant worden sei – der des heutigen Cafés an der Promenade. Die Widerstände im dortigen Villengebiet seien aber zu stark gewesen.

Wo sich jetzt das evangelische Pfarramt befindet, da stand einst die Notkirche, die in einer der 20 Baracken der Focke-Wulf-Werke untergebracht war. 1941 habe Hermann Göring den Kurpark und alle zum Bad gehörenden Einrichtungen beschlagnahmt, um hier 2000 Techniker und Ingenieure der Focke-Wulf-Werke unterzubringen. Sie hatten den Auftrag, das Jagdflugzeug FW 190 weiter zu entwickeln, von dem 25 000 Stück gebaut wurden.

Einer der führenden deutschen Flugzeugkonstrukteure, Professor Kurt Tank, arbeitete in Bad Eilsen. Nach der Gefangennahme wurde er zusammen mit engeren Mitarbeitern zuerst zur Schaumburg gebracht und dann nach England. Später entwickelten sie Düsenflugzeuge in Argentinien und Indien.

Bei einem Stopp auf der Straße "Am Rottfeld" erinnerte Winkelhake an die Kleinbahnstrecke, die 1918 zwischen Bad Eilsen und Bückeburg angelegt wurde. Noch älter ist die Rinteln-Stadthagener Bahn, die schon1898 bestand und am Eilser Endbahnhof das Umsteigen ermöglichte.

Oberhalb des Möllerhofes habe es, so Winkelhake, Missionsfeste und Jugendzeltlager gegeben. Daran hat auch der frühere Bundespräsident Johannes Rau teilgenommen. "Wir sollten ihn zum 50-jährigen Bestehen der Christuskirche einladen", empfahl der Heimathistoriker.

Bei der früheren Weserbergland-Klinik sprach Winkelhake die Befürchtung aus, dass dieser schon mehrfach zur Versteigerung anstehende Gebäudekomplex so schnell keinen Käufer finden werde. Wegen der erheblichen Niveauunterschiede sei das Bauwerk auch für ein Seniorenheim ungeeignet.

Mit Blick auf die Katholische Kirche erwähnte der mitwandernde Günter Döring, dass hier auch ein Glockenturm entstehen sollte. Dieses Gotteshaus sei jedoch auf einer aufgeschütteten Tonkuhle errichtet worden. Deshalb habe man selbst in vier Meter Tiefe keinen stabilen Untergrund gefunden.

Hinter der Kirche dehnte sich einst eine große Tonkuhle aus, in der sich eine Ziegelei mit Brennofen und hohem Schornstein befand. Dazu gehörte unter anderem das Gelände der Parkstraße und des Bergkurparkes, den der frühere Bürgermeister Heinrich Hofmeister als Volkspark anlegen ließ, um die Anziehungskraft des Badeortes nach den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit zu verbessern.

Teil II des Historischen Rundgangs startet am morgigen Sonntag, den 1. August, um 15 Uhr am Haus des Gastes. Der Rundgang führt diesmal durch den Westen des Kurortes.

31.07./01.08.2004
sz@schaumburger-zeitung.de

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