www.hiergeblieben.de

Mindener Tageblatt , 29.07.2004 :

Steuerpflicht ohne das Wahlrecht / Türken hätten bei der Kommunalpolitik eine Menge mitzureden / Ausländerbeirat verlassen

Von Stefan Koch

Minden (mt). Gleiches Recht für alle? Bei der Kommunalwahl am 26. September sind die in Minden lebenden Türken wieder einmal außen vor. Während sie sich mit den deutschen Staatsbürgern Pflichten teilen - wie zum Beispiel die des Steuerzahlens - haben sie keinen Einfluss auf die Politik.

Hikmet Celik und Durmus Aksoy sind gebürtige Türken und leben in Minden. Doch weil ersterer mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, darf er als Wähler die politische Zukunft seiner Stadt mitbestimmen. Der andere, nicht minder mit seinem Lebensumfeld verbunden, ist durch seinen Pass von der Kommunalwahl ausgeschlossen - so wie rund 800 in Minden lebende Türken. Und das empfindet er als diskriminierend.

Durmus Aksoy: "Wer wählen kann, der ist auch wer und wird deshalb von der Politik gehört." Außdem würden auf kommunaler Ebene viele Entscheidungen getroffen, die seine in Minden lebenden Landsleute beträfen. Und Celik fügt hinzu: "Als Mitglied im türkischen Kultur- und Sportverein weiß ich, dass viele so denken."

Bis zur letzten Legislaturpersiode hatten sich Aksoy und Celik, letzterer sogar als stellvertretender Vorsitzender, im Ausländerbeirat der Stadt Minden engagiert. Dann trat die türkische Gruppe mit ihren sieben Mitglieder komplett aus dem Gremium aus. "Wir hatten kein Stimmrecht in den Ausschüssen der Stadt und sahen deshalb keinen Sinn in unserer Tätigkeit", so die beiden.

Dabei gibt es eine Menge Sachfragen in Minden, an denen sie gern beteiligt wären. So fehlt ein spezieller Deutschunterricht für Ausländerkinder bereits im Kindergarten. Celik hatte versucht, dieses Problem in Gesprächen mit Verwaltung und Politik zu erörtern. Niemand habe sich zuständig gefühlt.

Auch beim Klinikum haben Türken nichts zu melden. Aksoy: "Neben einer christlichen Seelsorge am Klinikum in Verbindung mit dem Gebetsraum sollte es auch ein Angebot für Moslems geben." Wünschenswert sei es zudem, wenn in der Stadtgestaltung größere Flächen für ein gemeinschaftliches Familienpicknick vorgehalten würden. In der Türkei sei es Sitte, dass an Feiertagen die ganze Familie unter freiem Himmel zusammenkomme. Und: "Bei der Gebührenfrage zur Nutzung von Sportstätten sind türkische Vereine ebenso betroffen wie deutsche."

In der Vergangenheit hatten die Türken versucht, über den Dachverband der Ausländerbeiräte ein kommunales Wahlrecht für länger in Deutschland lebende Ausländer zu erwirken - doch bislang ohne Erfolg. Auch das Vorhaben, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen und eine eigene Partei zu gründen, wurde verworfen.

Ein krasses Missverhältnis zwischen den politischen Rechten und der wirtschaftlichen Bedeutung sieht Hikmet Celik: "Untersuchungen haben ergeben, dass im Verhältnis türkische Mitbürger im Konsum mehr ausgeben, als die heimische Bevölkerung." Doch nicht nur durch die damit verbundene Umsatzsteigerung sorgten sie für eine höheres Stueraufkommen. Selbstverständlich müssten sie wie jeder andere Deutsche auch ihre Steuern zahlen.


mt@mt-online.de

zurück