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Mindener Tageblatt , 27.07.2004 :

Dem Kaiser bis zuletzt treu ergeben / Nachlass des letzten Chauffeurs Wilhelms II. im Preußen-Museum / Teil der Dauerausstellung

Von Stefan Koch

Minden (mt). Der Nachlass des letzten Chauffeurs von Kaiser Wilhelm II. hat eine dauerhafte Bleibe im Preußen-Museum gefunden. Gestern übergab der Sohn von Julius Knoop (1887 -1967) die Objekte an die Einrichtung, damit sie der Nachwelt erhalten bleiben.

"Standarte weg", soll der Kaiser als einziges gesagt haben, als er im Automobil nach dem verlorenen Krieg 1918 die Grenze zum niederländischen Exil passierte und der Hoheitszeichen nicht mehr bedurfte. Das war wohl die bitterste Stunde, die er zusammen mit seinem Fahrer Julius Knoop verbrachte. Doch was sich sonst zuvor begab, hat nie das Automobil verlassen. Seinem Dienstherren bis zum Tode verpflichtet, schwieg sich Knoop auch gegenüber den eigenen Kindern bezüglich Seiner Majestät (SM) lebenslang aus.

So sind nur zahlreiche Erinnerungstücke geblieben, die gestern Sohn Hanns Dieter Knoop zusammen mit anderen Mitgliedern der Familie dem Preußen-Museum übergab. Da ist die grüne Garde-Jäger-Uniform, in der der Vater einst diente. Automobilisten-Stiefel und eine Schutzbrille sind erhalten, die er bei den Fahrten mit SM nach Königsberg, Straßburg, Metz und weiteren Zielen im Deutschen Reich trug. Fotoalben, der Führerschein und andere Dokumente wie ein Strafmandat wegen zu schnellen Fahrens gehören zur Sammlung. Und auch Auszeichnungen sind dabei wie der "Adler der Inhaber des Hausordens der Hohenzollern".

Dr. Veit Veltzke, Leiter des Preußen-Museums, erklärte bei der gestrigen Übergabe, dass es sich nicht um irgendeinen, sondern um einen "einzigartigen" Nachlass handele. "Die Exponate sind für die museale Präsentation von hohem Wert." Teile werde er in der Dauerausstellung zeigen. Weiteres käme auch für Sonderausstellungen in Betracht.

Gibt man so einen Familienbesitz einfach weg? "Es gibt keinen würdigeren Ort als das Preußen-Museum", meint Sohn Hanns Dieter Knoop. Bei der Sichtung der Objekte habe sich im vergangenen Jahr die Frage des weiteren Bewahrens gestellt. So habe die Familie entschieden, dass der Knoop-Nachlass zu schade für die Dauerexistenz im Karton sei.

Hanns Dieter Knoop hat übrigens den letzten deutschen Kaiser selbst noch im Jahr 1938 gesehen. Nach dem Krieg blieb der Kontakt zum Haus Hohenzollern bestehen, so dass der Vater, nun Finanzbeamter, mit der gesamten Familie zum Osterfest ins Exil nach Doorn in den Niederlanden fuhr. "Meine Mutter machte einen Hofknicks, der Vater eine tiefe Verbeugung", so der damals Zwölfjährige. Der Kaiser habe sich erkundigt, ob dem Vater mal wieder ein Huhn vors Auto gelaufen sei und stellte intessierte Fragen nach den neuen Autobahnen. "Uns Kindern gab er ein Buch mit seinen Lebenserinnerungen und fügte humorvoll hinzu, dass wir es nicht unbedingt auswendig zu lernen brauchen."

Vater Knoop wuchs zusammen mit acht Geschwistern als Sohn eines Landwirts unweit von Ravensburg auf. 1902 trat er als Kutscher in den Dienst des Grafen Max von Korff-Schmising auf Schloss Steinhausen bei Halle/Westfalen ein. Als dieser zwei Jahre später ein Automobil erwarb, setzte sich Knoop mit der Technik auseinander und wurde Fahrer. 1908 legte er den Führerschein ab und wurde dank bester Zeugnisse im kaiserlichen Marstall in Berlin angestellt - denn Kaiser Wilhelm II. sattelte in dieser Zeit von der Kutsche auf das Kraftfahrzeug um.

"Mein Vater hat das Ende der Monarchie nie verwunden und sich auch nach 1918 gegenüber den Hohenzoller verpflichtet gefühlt", so der Sohn. Für ihn habe die Kaiserzeit alles bedeutet, so dass er bis zuletzt Monarchist geblieben sei.

Dabei durfte Knoop auch noch andere Personen der Zeitgeschichte chauffieren: "Ich habe jetzt zwei Stunden Zeit, fahren Sie mich einfach herum", hatte eine solche zu ihm gesagt. Das war Friedich Ebert, der Reichskanzler der Weimarer Republik.


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