Mindener Tageblatt ,
24.07.2004 :
"In Polen ist viel gut zu machen" / Anna-Kristin Panhoff aus Petershagen arbeitet für "Aktion Sühnezeichen" ein Jahr in Lodz
Von Christine Potter
Minden/Petershagen (mt). Als die 19-jährige Anna-Kristin Panhoff aus Petershagen jetzt ihr Abiturzeugnis in den Händen hielt, reifte in ihr der Entschluss, ein Jahr für die "Aktion Sühnezeichen" zu arbeiten. Ziel wird ein sozial-medizinisches Zentrum in Polen sein.
Ann-Kristin wird von September an sich für die "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" (ASF) in Lodz einsetzen. Die Arbeit der ASF begann 1959 in den Niederlanden und Norwegen. Junge Freiwillige halfen beim Bau einer Feriensiedlung für Arbeiter, einer Sozialakademie und eines Behindertenheimes. Bald folgten weitere Projekte und Mitte der sechziger Jahre trat an die Stelle von Bauarbeiten der soziale Friedensdienst.
Und gerade mit dem Friedensdienst, der Arbeit mit Menschen in sozialen Einrichtungen, mit Überlebenden des Holocaust und mit Minderheiten und Randgruppen soll im Mittelpunkt der Arbeit der jungen Petershägerin stehen.
Wie kam die junge Frau, die gerade am Gymnasium Petershagen erfolgreich ihr Abitur abgelegt hat, auf die Idee, ein Jahr ihre Heimatstadt an der Weser zu verlassen, um in Polen zu arbeiten? Mit einer Freundin überlegte sie, in den Ferien etwas Sinnvolles zu unternehmen. Durch Zufall stieß sie auf die Aktion Sühnezeichen, holte sich Informationen und nahm Kontakt mit den zuständigen Stellen auf.
Dass man in Polen mit ehemaligen KZ-Häftlingen zusammen kommen könne, hat sie ganz besonders interessiert. Sie habe nicht nur Geschichte als Leistungsfach in der Schule belegt, sondern habe sich auch mit dem Holocaust auseinander gesetzt.
So war es nicht verwunderlich, dass sie sich für ein Jahr Friedensdienst entschloss, und zwar in einem sozial-medizinischen Zentrum für ehemalige KZ-Häftlinge. "Dort werde ich keinen Pflegedienst übernehmen, sondern mich mit den Bewohnern unterhalten, sie beschäftigen oder einfach nur mit ihnen spazieren gehen", erläutert sie ihre Aufgaben.
Am 4. September, geht es in Richtung Osten. Zuvor wird sie noch einige Zeit mit zwölf anderen Friedensarbeitern an einem zweiwöchigen Sprachkurs teilnehmen. "Privat habe ich schon bei einer Bekannten etwas Unterricht genommen", erzählt sie mit einigem Stolz. Doch der Sprachschatz reiche bei weitem noch nicht aus.
Auf die Frage, warum ausgerechnet Polen und nicht beispielsweise Israel, erklärt Anna-Kristin Panhoff, dass in Polen noch viel gut zu machen sei. "Es ist ein Land, dass in der Geschichte immer etwas auf den Deckel bekommen hat." Und Israel sei auf Grund der politischen Situation nicht gerade ungefährlich.
Von der Organisation ASF wird sie eine kleine Wohnung zugewiesen bekommen und Taschengeld, um in Polen ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Angst habe sie keine vor der doch großen Aufgabe. Sie fühle sich bei ASF gut aufgehoben, werde etwas Nützliches leisten.
Es wird nicht ihre erste Polenreise sein. Sie hat schon eine Woche auf Einladung der Aktion verbracht, in der Nähe von Danzig das ehemalige KZ Stutthof besucht und mit Zeitzeugen gesprochen. Ablehnung gegenüber Deutschen habe sie nicht erfahren, im Gegenteil, fast alle Polen seien offen, tolerant und hätten keine Vorbehalte.
Einmal pro Monat wird sich die junge Frau aus Lodz melden und im Mindener Tageblatt über ihre Arbeit berichten.
Nach ihrer Rückkehr in die Heimat plant Anna-Kristin ein Studium aufzunehmen, wahrscheinlich das Fach Geschichte mit Schwerpunkt auf Osteuropa.
24./25.07.2004
mt@mt-online.de
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