www.hiergeblieben.de

Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische , 21.04.2010 :

Erinnerung an 26 Opfer / Neue Gedenktafel für ehemalige jüdische Mitbürger in der Heimatstube

Von Friederike Edler

Herzebrock-Clarholz. Sie wurden in Herzebrock geboren, heirateten in die Gemeinde ein oder zogen im Laufe ihres Lebens hierhin um. 26 jüdische Mitbürger, die in den zahlreichen Vernichtungslagern im Zweiten Weltkrieg den Tod fanden. Mit einer neuen, erweiterteten Gedenktafel wird ihnen nun in der Heimatstube gedacht.

Geordnet nach Familiennamen, mit genauen Angaben über Geburts-, Deportations- und Todesdatum sowie dem Todesort sind die ehemaligen Mitbürger auf der in dezentem grau gehaltenen Tafel aufgelistet. "Wir gedenken der jüdischen Mitbürger die in Herzebrock lebten und Opfer der national-sozialistischen Gewaltherrschaft wurden", heißt es in der Überschrift.

Ein weißer Davidstern, der sich von dem grauen Hintergrund abhebt, weist auf die jüdischen Wurzeln der Verstorbenen hin. "Wir haben den Davidstern bewusst gewählt, weil er schon von weitem zeigt, dass es hier um jüdische Geschichte geht", erklärt Dieter Mersmann, Vorsitzender des Heimatvereins Herzebrock. Durch die genaue Angabe des Lebensweges jedes Einzelnen werde das Schicksal für die Besucher der Heimatstube um so ergreifender.

"Die Gedenktafel war längst überfällig"

Rund zwei Jahre hat es gedauert, die Namen der 13 jüdischen Bürger, die bereits auf der alten Tafel standen, um weitere 13 Namen zu ergänzen. Inklusive der jeweiligen Lebensdaten. Erwin Kriesche, Archivar des Heimatvereins hat die Informationen zusammengetragen, unterstützt von Remigius von Boeselager, der privat seit Jahren über das jüdische Leben in Gütersloh und der Region forscht.

"Die Recherche war sehr umfangreich, es war nicht leicht, die korrekten Namen und Daten zu ermitteln denn die verschiedenen Quellen hatten oft unterschiedliche Informationen", erläutert Boeselager. So hätten sie die ihnen vorliegenden Daten und Namen mit dem Bundesarchiv Berlin abgeglichen, wo seit 2007 das virtuelle "Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 - 1945" entstehe.

Wie schwierig die Recherche war, zeigt Boeselager an einem Beispiel: "Bei dem ehemaligen jüdischen Mitbürger Louis Stern wurde lange angenommen, dass er in die USA entkommen konnte. Doch seine Kinder informierten mich dann, dass er umgekommen war." Bei der umfangreichen Forschung war Kriesche und Boeselager auch das Buch der damaligen Synagogengemeinde Rheda, Wiedenbrück und Herzebrock eine große Hilfe. Geburten, Trauungen, Tode sowie Zuzüge wurden dort ab 1869 festgehalten.

Mit einer Lücke von 1905 bis 1920 wurde das Buch bis 1942 weitergeführt. Für Simon Brill, dessen jüdische Vorfahren als einzige nach dem Krieg nach Herzebrock zurückkehrten ist die neue Gedenktafel ein sehr wichtiger Schritt.

"Die Gedenktafel war längst überfällig", betont Brill, dessen Sohn David die Tafel auch gestaltet hat.

Gedenkbuch im Internet

In der Onlineversion des "Gedenkbuches für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933 - 1945)" sind derzeit die Namen, Daten und Schicksalswege von 159.972 Personen enthalten, die zwischen 1933 und 1945 im Deutschen Reich lebten und Opfer der nationalsozialistischen Juden-Verfolgung wurden. Personen können im Verzeichnis unter: www.bundesarchiv.de/gedenkbuch gesucht werden.

Bildunterschrift: Wollen jüdischen Mitbürgern gedenken: Remigius von Boeselager, Simon Brill, Karlheinz Buddenborg (Vorstandsmitglied des Heimatvereins Herzebrock), Erwin Kriesche (Archivar) und Dieter Mersmann (Vorsitzender des Heimatvereins) (v . l.) zeigen die neue Gedenktafel.

Bildunterschrift: Einzelschicksale: Mit Geburtstagen, Deportationsdatum und Todesdatum sind die ehemaligen jüdischen Mitbürger auf der Tafel aufgelistet. Die Nachfahren der Familie Brill kehrten nach Herzebrock zurück.


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

zurück