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Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische , 21.10.2003 :

Demo am Kreishaus: "Die Demirs sollen bleiben" / Rund 80 Menschen gehen gegen die Abschiebung der kurdischen Familie auf die Straße - Sohn Ali geht wieder zur Schule

Von Ralf Bittner

Löhne/Herford. Ömer Demir, der Kurde, der sich Ende September mit seinem Sohn Ali der drohenden Abschiebung entzogen hatte, ist zur Zeit in einer psychiatrischen Klinik. Da Sohn Ali nicht zur Fahndung ausgeschrieben ist, besucht er wieder die Hauptschule in Löhne. Nach Aussage von Hans-Walter Hartogs, Leiter des Kreis-Ordnungsamtes, hat sich trotz der neuen Situation nichts am Sachstand des Verfahrens geändert. Grund genug für rund 80 Demonstranten, ihrer Forderung nach einem Abschiebestopp für die Demirs mit einem Zug zum Kreishaus und durch die Herforder Innenstadt Nachdruck zu verleihen.

Aus Sicht der Demirs hat sich mit dem Klinikaufenthalt die Situation jedoch grundlegend verändert. Für die Zeit der stationären Behandlung gilt Vater Ömer nicht als reisefähig, das heißt er kann nicht abgeschoben werden.

Ömer Demir war in der Türkei nach eigenen Angaben wegen seines Engagements als Sozialist und für ein unabhängiges Kurdistan mehrfach inhaftiert und gefoltert worden. Er floh nach Deutschland, wo er nicht als politischer Flüchtling anerkannt wurde. Da ihm jedoch seit 1997 elf Gutachten schwere gesundheitliche und psychische Schäden bescheinigt hatten, wurde er bis vor kurzem in der Bundesrepublik geduldet. Nachdem ihm ein türkischstämmiger Arzt Reisefähigkeit bescheinigte, ordnete das Ausländeramt die Abschiebung an. Erst seit der Einlieferung in die Klinik wurde der Einspruch seines Anwaltes vom Oberverwaltungsgericht Münster angenommen, das jetzt über das weitere Vorgehen entscheidet. Möglicherweise wird ein weiteres Gutachten angefertigt.

Das laufende Verfahren hat keine aufschiebende Wirkung, deshalb fürchtet Mehmet Demir, Alis älterer Bruder, dass seinem Vater, sobald er die Klinik verlässt, erneut die Abschiebung droht. Demgegenüber versicherte Ordnungsamtsleiter Hans-Walter Hartogs gegenüber der NW Löhne, eine unmittelbare Abschiebung stehe nicht bevor: "Nach Ömer Demirs Entlassung werden wir Unterlagen von ärztlicher Seite anfordern, die Angaben zu seiner Reisefähigkeit machen. Danach richten sich dann unsere weiteren Schritte."

Die weiteren Redner vom Bielefelder Flüchtlingsrat, von der Unterstützergruppe und der Jungen Linken Herford kritisierten die deutsche Asylpolitik grundsätzlich. Barbara Eßer vom Bielefelder Flüchtlingsrat kritisierte, dass als Asylgrund nur Verfolgung gelte, die von staatlichen Stellen ausgehe. So seien Asylsuchende, die vor den Taliban aus Afghanistan flohen in Deutschland ohne Chance Asyl zu erhalten. Für Hartogs, der sich auf den Stufen des Rathauses die Reden anhörte, ist die Sache klar: "Herr Ömer Demir ist zur Zeit im Krankenhaus und nicht reisefähig. Er ist weiterhin zur Fahndung ausgeschrieben. Bis zu einer Entscheidung des OVG Münster hat sich am Sachstand nichts geändert."


lok-red.herford@neue-westfaelische.de

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