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Lippische Landes-Zeitung , 11.11.2002 :

Das Unheil kam nicht aus heiterem Himmel / Gedenkfeier zur Reichspogromnacht

Lage (ps). "Die Pogrome kamen nicht aus heiteren Himmel, sondern haben sich vorher angekündigt und fanden eine schreckliche Fortsetzung, die auf die Ausrottung der jüdischen Bevölkerung abzielte", so Bürgermeister Winfried Siekmöller. Zu einer Gedenkstunde zur Reichspogromnacht am 9. November hatten sich etwa 25 Menschen auf dem jüdischen Friedhof an der Flurstraße versammelt, um an das Unrecht zu erinnern, das jüdischen Bürgern vor 64 Jahren angetan worden war.

Das Gedenken fand im Rahmen der ökumenischen Friedenstage in Lippe statt, die von der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen veranstaltet werden. Dieses Datum solle nicht allein erinnern, sondern auch mahnen, so Siekmöller. "Es gab eine Vielzahl von Warnsignalen, die man erkennen konnte, wenn man seine Augen offen hielt. Auch heute gibt es fremdenfeindliche Signale, die uns zu denken geben sollten." Pastor Richard Krause sprach ein jüdisches Gebet, den Kaddisch, erst in hebräischer, dann in deutscher Sprache. Ein gemischter Posaunenchor aus verschiedenen Gemeinden untermalte die Gedenkstunde stimmungsvoll.

Nach der feierlichen Kranzniederlegung hielt Professor Ulrich Wagener aus Paderborn in den Räumen der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) einen Vortrag zum Thema "Christentum - Judentum, eine leidvolle Beziehung".

Neben der christlich-jüdischen Gesellschaft und dem Stadtkonvent der Stadt Lage war auch das Kulturamt der Stadt Veranstalter. Er hätte für den 9. November noch den Begriff "Reichskristallnacht" gelernt, sagte Wagener. "Das war ein ironischer Ausdruck und bezog sich auf die zerbrochenen Schaufensterscheiben - gut, das es heute Reichspogromnacht heißt." In seinem engagierten Vortrag macht Wagener deutlich, dass Feindseligkeiten zwischen Christen und Juden eine lange Tradition haben. "Ein Thema, das auch uns Christen tief bewegen und mit Scham füllen sollte!"


Lage@lz-online.de

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