www.hiergeblieben.de

Neue Westfälische , 08.05.2004 :

Rotlicht hat Grünphase / Prostituierte aus Osteuropa dürfen wieder einreisen

Von Jobst Lüdeking

Bielefeld. Noch bis Ende April kamen sie mit Touristenvisa nach OWL, arbeiteten illegal in Bordellen: Frauen aus Osteuropa, die für Schleuser- und Zuhälterbanden anschafften. Die EU-Erweiterung stellt Ermittler von Polizei und Justiz in OWL, die sich mühen, den kriminellen Sumpf ums Rotlicht trocken zu legen, vor immense Probleme. Und abgeschobene Prostituierte dürfen wieder einreisen.

Werner Swienty, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW: "Fest steht, dass es wesentlich einfacher wird, die Frauen hierher zu bringen. Deshalb werden wir – wie in anderen Kriminalitätsbereichen – einen starken Anstieg verzeichnen." Gleichzeitig könnten Polizisten den Schleusern – etwa bei der Wohnungsprostitution – nur durch langwierige Observierungen das Handwerk legen. Doch dafür sei die Personaldecke zu dünn. Die Polizei könne dann nur noch mit Vermutungen arbeiten, aber keine Beweise vorlegen.

Rotlicht-Banden in deren Umfeld auch Drogen-, Falschgeld- und Waffenhandel gedeihen, profitieren derzeit auch von der Arbeit der Ausländerämter in OWL, das die höchste Bordell-Dichte Deutschlands hat. Die haben ihre Karteien durchforstet, Einreiseverbote für Prostituierte, Schwarzarbeiter und Kleinkriminelle aus den neuen EU-Staaten aufgehoben.

Täter müssen Ausweisung der Frauen nicht mehr fürchten

Bielefeld hat 740 Akten geprüft, 92 Prozent (680) der Einreiseverbote aufgehoben. Im Kreis Lippe sind es rund 400. Knapp die Hälfte der Sperren entfiel nach Schätzungen auf Prostituierte, die andere Hälfte auf Schwarzarbeiter. Vor allem die Zahl illegal in Bars angetroffener Osteuropäerinnen sei in den letzten Jahren stark gestiegen, so ein Mitarbeiter. Im Nachbarkreis Herford dürfen 350 Frauen und Männer wieder einreisen, in Paderborn sind es 69.

Während sich die Schwarzarbeiter häufig auf eigene Faust nach Deutschland aufgemacht hätten, so Ermittler, ständen bei Frauen immer Schleuser und Zuhälter im Hintergrund. Die wurden in den letzten Verfahren vor Gerichten in OWL meist wegen Menschenhandel verurteilt.

Der Straftatbestand fällt, so Ermittler, wegen der Freizügigkeit für EU-Bürger quasi weg. Und der zweite Tatbestand, ausbeuterische Zuhälterei sei sehr schwer zu beweisen, wenn die Opfer nicht aussagten.

"In Bars und Bordellen können wir zwar nach wie vor kontrollieren", sagen Beamte, "Aber die Ausweisung der Frauen müssen die Täter nicht mehr fürchten." Es werde ein Bußgeld für die Frauen fällig. Das heiße, am nächsten Tag könnten die an gleicher oder anderer Stelle weiter anschaffen. Und gegen die Prostitution osteuropäischer Frauen in Privatwohnungen könne nur noch mit einem immensen Aufwand vorgegangen werden.

08./09.05.2004
redaktion@neue-westfaelische.de

zurück