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Mindener Tageblatt , 28.06.2004 :

Basis für geistigen Wiederaufbau / Erinnerung an "Aufstand des Gewissens": Ausstellungseröffnung im Preußen-Museum

Von Martin Steffen

Minden (mar). "In seinen vielfältigen Formen ist der Widerstand gegen die Hitler-Dikatur ein Vermächtnis für die ganze Nation." Hans-Georg Wagner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, würdigte zur Eröffnung der Sonderausstellung insbesondere den "Aufstand des Gewissens" vom 20. Juli 1944.

Im Saal der Zentrale der Firma Harting hatten das Preußen-Museum und die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik zur Ausstellungseröffnung eingeladen - "Beleg für die Simeonspartnerschaft". So dankte Museumsdirektor Dr. Veit Veltzke für die Bereitschaft der Unternehmerfamilie Harting, dem benachbarten Museum Platz zur Verfügung zu stellen. Die musikalische Umrahmung besorgte das Klarinettenquintett des Wehrbereichsmusikkorps II mit gedenk-untypischen, eher heiteren Melodien.

Die Widerständler seien Wegbereiter für den geistigen Wiederaufbau eines demokratischen Deutschland nach 1945 gewesen, zollte der Staatssekretär aus Berlin den damaligen Attentätern Respekt. Teil der Erinnerung an die deutsche Geschichte sei es, das "Gedenken mit der Vermittlung des geistig-moralischen Rüstzeugs" für demokratisches Verhalten zu kombinieren.

"Staatssekretäre sind nicht in erster Linie Geschichtsphilosophen. Unsere Streitkräfte stehen in dieser Tradition", unterstrich Kabinettsmitglied Wagner die Bedeutung des 20. Juli für die Bundeswehr und das Handeln der Regierung. Das Ethos des Widerstandes der zivilen und militärischen Hitler-Gegner sei ein Leitbild deutscher Innen- und Außenpolitik. Damit schlug er den Bogen zu aktuellen Bemühungen um Frieden und Stabilität in der Welt durch deutsche Soldaten, Polizeibeamte und zivile Aufbauhelfer.

"Folgerungen und Impulse für Verhalten in Gegenwart und Zukunft" sah Klaus Suchland, Sektionsleiter der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, als erwünschte Wirkung des Ausstellungsprojektes. Damit wendete er sich besonders an die jüngere Generation: "Widerstand ist sinnvoll und verpflichtend gegen Totalitarismus, Extremismus und Freiheitsbeschränkungen."

Trotz des 60. Jahrestages des Attentats auf Hitler und des Schwerpunktes der Ausstellung solle der Blick nicht nur auf militärischen Widerstand gerichtet werden. "Durch lokale Bezüge soll regionale Betroffenheit geschaffen werden", formulierte Suchland. Er nannte die Projekte mit dem Bückeburger Gymnasium Adolfinum sowie der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule, dem Bessel- und Herder-Gymnasium. Während die Eröffnung der Ausstellung auf eher konservative Weise stattfände, stünden am 20. Juli die Jugendlichen und ihre Projekte im Mittelpunkt.

Stellung bezogen gegen Verfolgung von Juden

Veit Veltzke würdigte Claus Schenk Graf von Stauffenberg und dessen politische Offenheit im Umgang mit anderen Kreisen des Widerstandes. Der spätere Hitler-Attentäter habe auch schon vor der Kriegswende Stellung gegen Hitler und die Verfolgung, besonders der Juden bezogen. Stauffenberg sei als junger Anhänger des Dichters Stefan George auch Vertreter eines zwar exklusiven, aber moralisch definierten Elitebewusstseins.

In Vertretung des Schirmherrn Wilhelm Krömer stellte der stellvertretende Landrat Alfred Raschke die dauerhaft gültige Frage nach dem Gewissen: "Wo stehe ich auf und melde mich zu Wort?" Raschke erinnerte an andere Menschen, die in der Dikatur den mutigen Weg des Handelns eingeschlagen hatten, auch wenn sie Freiheit und Leben riskierten - so wie jene junge Studentin, die 1943 hingerichtet worden war: "Sophie Scholl wäre vor kurzem 75 geworden." Deutlicher konnte die Notwendigkeit, zum Widerstand fähig zu sein, kaum gemacht werden.


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