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Neue Westfälische , 28.06.2004 :

Von Mythos und Wahrheit / Ausstellungstitel für die große Varus-Ausstellung 2009 umstritten / Kritik vom Kulturministerium am Vorschlag des Vereins Arminiusforschung

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Der Kreistag in Lippe entscheidet heute über die Beteiligung an dem Gemeinschaftsprojekt "2000 Jahre Varusschlacht" im Jahr 2009.

Von Anja Sparbrod

Detmold. Ein Kulturereignis von bundes-, sogar europaweiter Bedeutung soll es werden, wenn sich im Jahre 2009 die legendäre "Schlacht am Teutoburger Wald" zum 2.000. Male jährt. Jene Schlacht, von der man im Osnabrücker Land glaubt, dass sie in Kalkriese bei Bramsche stattgefunden hat. Und von der Einige meinen, dass der Ort für das Kampf-Getümmel in Lippe zu suchen ist.

Trotz des Rätselratens um den Ort: Kooperation wird ganz groß geschrieben. Und so haben sich der Kreis Lippe, der Landesverband Lippe, Stadt und Kreis Osnabrück und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe in einem Arbeitskreis zusammen geschlossen und Projekte mit einem Volumen von 16,3 Millionen Euro geplant. "Gerade in Lippe, wo mit dem 1875 eingeweihten Hermannsdenkmal das imposanteste Zeugnis zum Mythos der Varusschlacht steht, bietet sich damit die einmalige Chance, sich als Kultur- und Tourismusregion von europäischer Bedeutung zu präsentieren. Mit Hilfe breit angelegter Ausstellungsprojekte können wir so auch über das Jahr 2009 hinaus nachhaltige Effekte für die Vermarktung unserer Region erzielen", meint Landrat Friedel Heuwinkel (CDU).

Und hat damit das umstrittene Wort schon genannt: Mythos. Denn nach den jetzigen Planungen – bereits vom lippischen Kreisausschuss abgesegnet – soll der lippische Part des großen Projektes den Titel "Mythos Varusschlacht" tragen, während in Kalkriese das Ausstellungsthema "Die Varusschlacht" lautet.

"Viel zu ähnlich", findet der Verein "Arminiusforschung", der sich kürzlich in Lippe gründete, die beiden Ausstellungsthemen. Und schlägt stattdessen für Lippe den Titel "Arminius – Befreier Germaniens" vor. Einen entsprechenden Antrag für die heutige Sitzung hat die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft Lage formuliert. Ein Vorschlag, der Heinz G. Horn vom NRW-Kulturministerium gar nicht behagt. "Unter dem selben Titel stand das Thema Varusschlacht in nationalsozialistischen Geschichtsbüchern", sagte er vor gut einer Woche während einer Tagung über Varus und Römer im Lippischen Landesmuseum.

"Arminius - Befreier Germaniens" sorgt für rege Debatten

Eine Äußerung, die der Verein Arminiusforschung wiederum "mit Befremden" zur Kenntnis genommen hat. Das sei eine bewusste Diskreditierung des Themenvorschlags, empört sich Hans Pohl, ehemaliger Landrat im Kreis Lippe und Vorsitzender des Vereins. Der Ministerialrat auis Düsseldorf verschweige offensichtlich wider besseren Wissens, dass das Thema dem Tacitus-Zitat "liberator germaniae" entspreche. Hans Pohl: "Außerdem sollte Herr Horn einmal nachprüfen, wie oft sein favorisierter Begriff ,Mythos' gerade in der NS-Zeit benutzt worden ist."

Der Verein "Arminiusforschung" sieht es als einen "Fehler" an, wenn der Kreistag sich heute dennoch für das Ausstellungsthema "Mythos Varusschlacht" entscheidet – was er mit großer Wahrscheinlichkeit tun wird.

"Seit der Entdeckung der Annalen des Tacitus im Jahre 1507 – der maßgeblichen Quelle der Varusforschung – sind mehr als 700 Theorien über die Schlacht und deren Örtlichkeit aufgestellt worden", weiß Joachim Bünemann, Vorsteher des Landesverbandes Lippe. Erst ab diesem Zeitpunkt habe sich der Mythos um die Varusschlacht entwickelt, der nun umfassend archäologisch und kulturgeschichtlich aufgearbeitet werden soll. Der Verbandsvorsteher appelliert an die "regionale Geschlossenheit" Kulturprojekt von europäischer Bedeutung zu einem Erfolg für Lippe zu machen.


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