Lippische Landes-Zeitung ,
07.06.1990 :
Verwaltung berichtete im Ausländerbeirat über Rechtsradikalismus / Schulleitern über Aktivitäten von Neonazis nichts bekannt
Lemgo (da). Keinem der Lemgoer Schulleiter sind in der Vergangenheit rechtsradikale oder neonazistische Aktivitäten in seinem jeweiligen Verantwortungsbereich aufgefallen. Dieses Ergebnis einer schriftlichen Befragung gab Erste Beigeordnete Brigitte Scheuer im Verlauf der jüngsten Sitzung des Ausländerbeirates bekannt. Die Verwaltung hatte eine konkrete Beschwerde zum Anlass genommen, sich allgemein mit dieser Problematik zu beschäftigen.
Sozialamtsleiter Josef Fischer-Bernard berichtete unter Berufung auf Informationen der Kriminalpolizei, dass in der alten Hansestadt gegenwärtig sieben Personen bekannt seien, die sich zu den Zielen der "Nationalistischen Front" bekennen würden und auch Kontakte zur Niederlassung dieser Organisation in Pivitsheide hätten. Hinzu komme eine Gruppe von Anhängern, die nicht laufend in Erscheinung trete. Zwar würden diese Leute nicht systematisch observiert, doch sei bei ihren wöchentlichen Treffen regelmäßig Polizei anwesend.
Obwohl Vorsitzender Wolfgang Stückemann (SPD) darum gebeten hatte, den Beirat nicht als allgemeines Forum für Grundsatzdiskussionen zu benutzen, übten insbesondere das Ratsmitglied Ute Koczy (Die Grünen) und der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Öko-Partei, Jochen Storbeck, Kritik an der Verwaltung. Während Letztgenannter den Schulleitern attestierte, "auf beiden Augen blind" zu sein, warf er Scheuer vor, offensichtlich nicht zu wissen, was beispielsweise im Jugendzentrum los sei. Auch habe es vor Gericht etliche Verurteilungen wegen Körperverletzung gegen Rechtsradikale gegeben. Es gehe jetzt darum, den ausländischen Mitbürgern zu zeigen, dass sie nicht allein seien.
Die Beigeordnete wies diese Vorwürfe zurück und warnte davor, dieses Thema "aufzubauschen".
Sie wies darauf hin, dass das Jugendamt seit einiger Zeit verstärkt Informationsarbeit in diesem Bereich betreibe. Ziel müsse es sein, mit sachlichen Mitteln einen großen Teil der Bevölkerung dazu zu bewegen, bei eventuellen Eskalationen tätig zu werden. Gänzlich verhindern ließen sich allerdings Straftaten nie. Vorsitzender Stückemann stellte sich ebenfalls vor die Verwaltung und machte darauf aufmerksam, dass sich keiner der bei der Sitzung anwesenden Ausländer zu dieser Angelegenheit geäußert habe.
Lemgo@lz-online.de
|