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Neue Westfälische , 14.04.1989 :

In Bielefelder Bleichstraße ist es ruhig geworden / Wird "Neonazizentrum" nach Detmold verlegt?

Detmold. Die Bürger von Bielefeld, vor allem auch die verantwortlichen demokratischen Kräfte und die Polizei in der Leineweberstadt, registrieren es mit Genugtuung: Um das Meinolf Schönborn, "Boß" der Nationalistischen Front (NF), gehörende Haus Bleichstraße 143 ist es seit einigen Wochen merklich ruhig geworden, nachdem es jahrelang als "Neonazizentrum" bundesweit Schlagzeilen gemacht hat.

Hier durchgeführte Treffen rechtsradikaler und rechtsextremer Kräfte führten in schon beängstigender Regelmäßigkeit zu Protesten und Krawallen. Die in der Bleichstraße 143 herausgegebene und verlegte Zeitschrift "Nachrichten aus der Szene - Zeitung der nationalistischen Bewegung" veröffentlichte Namen, Adressen und Telefonnummern sogenannter "Volksfeinde" und rief zum Terror gegen sie auf. Bei der Verfolgung verschiedener rechtsextremer und ausländerfeindlicher Aktivitäten führten die Spuren vielfach zum NF-Zentrum. Auch nach dem Brandanschlag im Dezember 1989 im bayerischen Schwandorf, bei dem neben einer dreiköpfigen türkischen Familie auch ein deutscher Staatsbürger ums Leben kam, wurde als mutmaßlicher Täter ein 19-jähriger Lackierer, Mitglied der NF in Bielefeld, ermittelt.

Verständlich, wenn die Frage einer gemeinsamen Aktion gegen die Neonazis die demokratischen Jugendorganisationen beschäftigte und auch der Hauptausschuss der Stadt Möglichkeiten diskutierte, wie ihrem Treiben Einhalt geboten werden kann.

Die in der Bielefelder Bleichstraße eingetretene "gefährliche Ruhe" soll nicht zufällig sein. Insider der Szene wollen wissen, dass die (jungen) Neonazis ihr "Hauptquartier" in Detmold aufschlagen wollen. Zu diesem Zweck sollen sie - politisch unerkannt - das ehemalige Haus "Tanneck" in der Pivitsheider Quellenstraße erworben haben.

Noch ist es - unser Bild - nicht, wie das Haus Bleichstraße 143 als mit Stacheldrahtverhau gesicherte NF-Festung erkennbar. Wenn die Gerüchte zutreffend sein sollten, kann man nur hoffen, dass zuständige Quellen, unterstützt von Verfassungsschutz und Polizei, tätig werden, bevor sich auch das unerfreuliche Geschehen von der Leineweberstadt in den Westen der Residenz verlagert.


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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