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Höxtersche Zeitung / Westfalen-Blatt , 05.05.2009 :

Nach 65 Jahren klärt sich Schicksal auf / Löneke lässt russische Papiere übersetzen - Cousin in Gefangenschaft verstorben

Steinheim/Beller (nf). Noch immer ist das Schicksal unzähliger deutscher Soldaten nicht aufgeklärt. Sie gelten als vermisst, niemand weiß, ob sie vor mehr als 60 Jahren gefallen oder in Gefangenschaft geraten und möglicherweise sind. Doch vergessen sind sie im Andenken ihrer Angehörigen nicht. Dank der bohrenden Nachforschungen konnte der Steinheimer Paul Löneke russischen Militärarchiven jetzt den Verbleib seines Cousins Johannes Osterloh aus Beller entlocken.

Der 1923 in Beller (Kreis Höxter) geborene Osterloh gehörte 1944 als Obergefreiter der 2. Kompanie des Füsilierbataillons 170 der 170. Infanterie-Division an. Beim Ausbruchsversuch aus der von der dritten weißrussischen Front eingeschlossenen Festung Wilna (Litauen) geriet er in sowjetische Gefangenschaft. Über den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in München ließ sich sein Verbleib endlich aufklären.

Möglich wurde das durch den Zugang zu den Akten, die aus Moskauer Militärarchiven nach und nach frei gegeben werden. Löneke im Gespräch mit dem Westfalen-Blatt: "Die Russen haben über die deutschen Gefangenen akribisch Buch geführt!" Im Schreiben aus München heißt es beispielsweise: "Im Oktober 1944 wurde Osterloh als Kriegsgefangener aus dem Lager 74, Oromki/Gebiet Gorki in das Lager 117/1 nach Gorki verlegt, wo er am 23. Oktober registriert wurde. Danach befand er sich noch einmal im Lager 74, von wo aus er am 29. Juni 1945 in das Spezialhospital 2851 Usta bei Gorki kam. Hans Osterloh ist am 17. Juli 1945 in diesem Hospital an Lungentuberkulose gestorben und wurde auf dem Lagerfriedhof im Grab 106 beerdigt."

Hinsichtlich einer möglicherweise erhaltenen Grabanlage bat der Suchdienst, eine Anfrage an den Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge zu richten. Für Löneke bedeutet es heute eine Sensation, nach mehr als 60 Jahren endlich Gewissheit zu haben - auch wenn bis auf eine Schwägerin keine Angehörigen des Vermissten mehr am Leben sind. Über den DRK-Suchdienst hatte der ehemalige Bankdirektor der Spar- und Darlehnskasse Steinheim eine Kopie der russischen Akten erhalten, die er mit Hilfe eines Bekannten übersetzte. Das Schicksal seines Verwandten hatte dem Steinheimer keine Ruhe gelassen, weil er selbst noch stark von den schrecklichen Ereignissen der letzten Kriegsmonate betroffen wurde. Er war als junger Soldat in Ostpreußen selbst in russische Gefangenschaft geraten, seine beiden Brüder Johannes Löneke und Karl Löneke gelten bis heute als vermisst. Über sie konnte er bislang nichts in Erfahrung bringen.

Dennoch gibt Löneke nicht auf und wird alles versuchen, auch diese beiden Schicksale noch aufzuklären, die ihm ganz persönlich am Herzen liegen. Die DRK-Suchdienstarbeit ist aktueller denn je und die Mitarbeiter haben noch immer alle Hände voll zu tun. So konnten bislang 1,3 Millionen Schicksale aufgeklärt und ermittelt werden. Nach dem Verbleib von 1,2 Millionen Soldaten wird immer noch geforscht.


hoexter@westfalen-blatt.de

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