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Lippische Landes-Zeitung , 05.12.2003 :

Demo gegen Rechtsrock / An fünf Stationen in Ostwestfalen-Lippe Protest gegen Neonazi-Musik - auch in Leopoldshöhe

Leopoldshöhe/Bielefeld. "We will rock you - Kein Raum der Nazi-Musik" ist eine Demo-Reihe überschrieben, mit der antifaschistische Gruppen morgen an verschiedenen Orten in OWL gegen die Drahtzieher neonazistischer Musik protestieren werden. Eine Station ist Leopoldshöhe - dort hat das Platten-Label "Christhunt Productions" seinen Sitz. Christhunt ("Christenjäger") produziert und vertreibt so genannten "Black Metal". Im Angebot sind unpolitische Gruppen, aber auch bekannte Neonazi-Bands.

Das 1999 gegründete Label gehört dem Leopoldshöher Marco M. Der Vertrieb und die Produktion sind spezialisiert auf "Black Metal" - eine besonders extreme Spielart des "Heavy Metal".

Ein Großteil der von "Christhunt" vertriebenen Musik ist - genauso wie die meisten Anhänger der Black Metal-Szene - nicht rechtsextremistisch. Das Angebot ist aber durchmischt mit Tonträgern rechter Bands, die sich dem NSBM ("National Sozialist Black Metal") verschrieben haben.

So finden sich CDs der Band "Absurd" im Warenspektrum. Ein Teil der Gruppe ist für den so genannten "Satansmord von Sondershausen" verantwortlich. In der Thüringischen Kleinstadt war 1993 der Schüler Sandro Beyer von drei Bandmitgliedern erdrosselt worden. Sänger Hendrik Möbius sagte beim Prozess: "Ich weiß ja nicht, ob man in der Nazi-Zeit bestraft worden wäre, wenn man Volksschädlinge unschädlich gemacht hätte."

"Christhunt Productions" bietet auch CDs der sächsischen Rechtsrock-Gruppe "Magog" an. Auf einem der Magog-Tonträger wird gesungen: "Wir marschieren in eine neue Zeit, die uns von Christen und Juden befreit."

Ebenso können bei dem Leopoldshöher Vertrieb Platten der Band "Wolfsnacht" bestellt werden. Im Booklet ihrer CD "Töten für Wotan" zeigen die Rechtsrocker offen das Hakenkreuz. Und ihre Musik widmen sie den "SS-Soldaten, die ihr Leben für die Vorherrschaft des Nationalsozialismus opferten. Ihre Loyalität muss ein Beispiel für uns sein".

Zu den Unterstützern der angemeldeten Demonstration gehört neben einigen Antifa-Initiativen aus OWL auch die Bielefelder Gruppe "Courage gegen Rechts", der die frühere grüne Bundestagsabgeordnete Annelie Buntenbach angehört. Die Organisatoren wollen nach eigenen Angaben öffentlich machen, wo im regionalen Umfeld die Drahtzieher der rechten Musikszene sitzen.

Außer in Leopoldshöhe wird es Kundgebungen geben in Hiddenhausen-Oetinghausen (gegen "Skinhead-Meeting"), Herford (gegen Nazikonzerte in einer leerstehenden Lagerhalle), Verl (gegen die Band "Sleipnir") und Bielefeld (gegen den "Haterock"-Versand).

"Grundstücksgrenze ist die absolute Tabugrenze"
DIRK BUTENUTH

Der Leiter des Staatsschutzes in Bielefeld, Dirk Butenuth, bestätigte, die Polizei werde die angemeldete Demonstration so begleiten, dass einerseits die Rechte der Versammlungsteilnehmer, andererseits die Persönlichkeitsrechte der Zielpersonen gewahrt blieben. Es sei mit den Organisatoren vereinbart worden, dass die Demonstranten eine bestimmte Distanz zu den Objekten wahren. Butenuth: "Die Grundstücksgrenze ist die absolute Tabugrenze."

Label-Chef Marco M. war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

Stichwort Black Metal

Die Musik des Black Metal - ihr Spektrum reicht von der Lärmorgie bis zur pathetischen Keyboard-Hymne - war früher stark von Satanismus und Okkultismus, der Verachtung des Christentums und der Verherrlichung von Krieg inspiriert. Im Laufe der 90er Jahre vollzog sich ein inhaltlicher Wandel. Immer stärker bildete sich ein Flügel heraus, der sich der Glorifizierung einer Art nordischen neoheidnischen Kults verschrieb. Es entwickelte sich eine rechtsextremistische, antisemitische Rassenideologie: Die nordische Rasse müsse sich gegenüber anderen Rassen behaupten. Christen- und Judentum werden für den Untergang des Arischen verantwortlich gemacht. In dieser Gemengelage entstand die Szene des "National Sozialist Black Metal" (NSBM) - des nationalsozialistischen Black Metal.

Quelle: "RechtsRock - Bestandsaufnahme und Gegenstrategien" (Dornbusch/Raabe)


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